Parapsychologisches

Giulio Caratelli und Maria Luisa Felici haben wieder eine neue Zeitschrift gemacht (sie heißt Scienza e cultura nel mondo), die fürs erste Halbjahr 2015, und da sie sich so viel Mühe geben, haben sie eine kleine Besprechung verdient. Wird nur wenige Leserinnen  und Leser interessieren; trotzdem.

Bei der letzten Konferenz in Rom am 24. Oktober gab es nur elf Zuhörer (mit meiner Wenigkeit). Nun kann man verstehen, warum die Parapsychologischen Vereinigungen in Zürich und Bern, wo wahrlich genug Geld vorhanden wäre, pleite gegangen sind: Es interessiert sich keiner mehr für Konferenzen, bei denen Informationen über Phänomene verbal weitergegeben werden. Der Basler Psi-Verein lädt Gurus, Schamanen und auch Wirtschaftsreferenten ein, und das läuft super. Der Konsument will etwas erleben und er will persönlich, ganz persönlich weiterkommen.

Im neuen Heft widmen sich die beiden Autoren dem italienischen Arzt und Neurophysiologen Marco Margnelli, der 1939 geboren wurde und 2005 starb. Er war einer der seltenen Menschen mit produnden Kenntnisse, die sich nicht scheuen, umstrittene Forschungsfelder zu erforschen, so Nahtod-Erlebnisse, außerkörperliche Erfahrungen, mystische Ekstasen, luzide Träume, Stigmata, die Wirkung psychedelischer Substanzen, kurz gesagt: außergewöhnliche Bewusstseinszustände.

Mit den Effekten des Rauschmittels Ayahuasca hat er sich befasst und mit dem individuellen Zeiterleben von Menschen, die von einer gefährlichen Krankheit befallen waren. Margnelli war ein großer Redner, sprach gern mit jungen Menschen und glaubte fest ans Jenseits. Ein Band der Associazione Italiana di Metapsichica widmete sich 2011 seinem Lebenswerk.

Ein anderer Beitrag behandelt den französischen Maler Victor Simon (1903-1976), der sich 1933 von unsichtbaren Wesen besucht fühlte und danach seine Hand mit dem Pinsel von geheimnisvollen Kräften führen ließ wie Fleury Joseph Crépin und Augustin Lesage. Simon hat nie gesagt, dass seine Bilder, die etwa im Museum für Moderne Kunst in Lille hängen, von ihm seien; sie stammten von seinen Geistführern, behauptete er stets.

Interessant ist euch eine Episode mit Napoleon I. Der große Korse, früher Kaiser der Franzosen, war 1814 auf Elba eingetroffen, wohin man ihn verbannt hatte. Am 13. Mai 1814 um 11 Uhr, als sich Napoleon Bonaparte ruhig mit seinem getreuen Marschall Bertrand unterhielt, brach er plötzlich in Tränen aus und wollte sich nicht mehr fassen. Es erschien ihm selber rätselhaft, und tagelang danach war er in schlechter Laune. Später erfuhr er, dass Joséphine, mit der er 14 Jahre verheiratet war, zur selben Zeit auf ihrem Anwesen Malmaison bei Paris gestorben war.

Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler: Laut Wikipedia starb Joséphine de Beauharnais am 29. Mai 1814, also 16 Tage nach der angeblichen Krise des Ex-Kaisers. Präkognition, könnte man sagen; tun wir aber nicht. Es gibt genügend (tausende) andere Fälle, bei denen jeman zur selben Sekunde wusste, dass ihm ein geliebter Mensch gestorben war.

Nur ein Beispiel: Guido Ceronetti erzählt in seinem Buch Il silenzio del corpo die Geschichte, wie die Sopransängerin Galli-Marié, als sie am Abend des 2. Juni 1875 die Carmen sang, plötzlich einen stechenden Schmerz im Herzen verspürte. Sie erholte sich und sang zu Ende. In ihrem Zimmer nach dem Auftritt habe sie dann, immer noch leidend, blitzartig das blasse Gesicht Bizets gesehen. Der Bericht erschien am 24. September 1875 in der Zeitung L’Éclair, und dieses Mal stimmt alles. Georges Bizet starb wenige Stunden nach Gallli-Mariés Vision, am 3. Juni 1875, an einem Herzanfall in Bougival, erst 36 Jahre alt. Es war drei Monate nach der Uraufführung von Carmen, die Bizet komponiert hatte. Damit begann der Siegeszug der beliebten Oper.

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