dada 100 zürich 2016

Das neue Jahr 2016 ist ein Dada-Jahr. Vor 100 Jahren herrschte der Erste Weltkrieg, und einige Künstler, die im unbedrohten Zürich wirkten, kamen im Cabaret Voltaire zusammen und riefen eine neue Kunst-Bewegung ins Leben, die gegen die Kunst gerichtet war und auch gegen die Gesellschaft, die den Krieg ins Leben gerufen hatte.

Die Dadaisten wandten sich »dem Absurden, dem Primitiven, dem Elementaren« zu, wie die Hochschullehrerin Dawn Ades in einem Buch darüber schrieb. Zur Bewegung in Zürich gehörten Hugo Ball, Emmy Hennings, Hans Richter und Richard Huelsenbeck aus Deutschland, Hans Arp aus dem Elsass, Marcel Janco und Tristan Tzara aus Rumänien sowie der geheimnisvolle Dr. Walter Sender. Sie luden zu Abenden mit Kunst ein und »verarschten« dann die Besucher mit völlig verrückten sinnlosen Gedichten und hohltönenden, wohltönenden und törichten Ansprachen.

Dawn Ades: »Die Arbeiten der Dadaisten sind eigentlich nur Gesten und provokatorische Erklärungen.« Als die Dadaisten in Zürich zusammenkamen, praktizierte eine Reihe von Künstlern in Paris bereits so etwas Ähnliches, das sie aber nicht Dada nannten. Es fing 1910 an, als sich Marcel Duchamp und Francis Picabia kennenlernten. Duchamp montierte ein Laufrad (von einem Fahrrad) umgekehrt auf einen Hocker und erklärte später auch einen Garderobenständer und eine Toilettenschüssel für Kunstobjekte. In Amerika, wo er später lebte, nannte er diese Objekte »Ready-mades«. Duchamp malte ab 1913 nicht mehr mit Öl, und 1922 erklärte er, keine Kunst mehr machen, sondern nur mehr Schach spielen zu wollen.

1922 ließen die Künstler in Paris Dada sein und sprachen von Surrealismus. Er war eine spontane, chaotische Bewegung, deren Motor der Autor André Breton war. Auch Salvador Dalí war dabei, der sagte: »Der einzige Unterschied zwischen einem Verrückten und mir ist, dass ich nicht verrückt bin.« Breton wollte das Unbewusste arbeiten lassen und auf jegliche Zensur verzichten. Der Surrealismus und der Dadaismus hatten großen Einfluss auf die Kunst.

Der Kunstbetrieb hat Dada aufgesaugt und verschluckt und unterscheidet sich kaum mehr von der Parfumeriebranche und dem Wahnwitz der elektronischen Medien. Wertvoll ist, was für wertvoll gehalten wird, die Verrücktheit ist eingebaut und ein Wert. Auch der Nihilismus ist dabei; die Kunst von heute ist mehr Dada denn je. Alles ist Inszenierung und kann bereits nicht mehr dekonstruiert werden. Dada hat gewonnen, nur nehmen die Leute das alles ernst, und man kann es nur genießen, wenn man fern von dieser Konsumgesellschaft steht. (Duchamp!) 

André Breton starb 1966, Duchamp 1968, und damit war der Surrealismus erledigt. Man könnte sagen, die Beat-Epoche habe sich sogleich angeschlossen, die ja auch alte Muster zertrümmerte. Die Beatles und die Rolling Stones! (Ich mag eigentlich die Kinks und The Who lieber.) Gedanklich war der Surrealismus interessanter, und wo er sich selbst negiert und sich mit dem Nichts konfrontiert, wirkt er fast wie ein Verwandter einer fernöstlichen Religion. Breton sagte:

Gib alles auf.
G
ib Dada auf.
Gib deine Frau, gib deine Geliebte auf.
Gib deine Hoffnungen und deine Ängste auf.
Säe deine Kinder im Winkel eines Waldes.
Lass die Substanz, nimm den Schatten.
Gehe hinaus in die Welt.

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