Die Gutenberg-Galaxie

Nach Johann Gutenberg ist die Mainzer Universität benannt, die 1477 ― 80 Jahre vor Freiburg ― gegründet wurde. Es gibt kein Portrait von Gutenberg, der 1440 den Druck mit beweglichen Lettern erfand … wobei ihm jedoch der Chinese Bi Sheng 400 Jahre zuvorkam, der Lettern aus Ton verwendete. Ein Museumsbesuch.

Gutenberg, der übrigesn verarmt starb, veränderte unsere Welt. Er wollte eigentlich nur Bibeln drucken, damit jeder die Heilige Schrift lesen konnte. Von den 180 so entstandenen Gutenberg-Bibeln sind noch 49 erhalten. Ach, wenn man noch eine verschollene finden könnte!

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Drei Stunden irrte ich in dem Mainzer Museum umher und hatte das Glück, gleich einer Vorführung beiwohnen zu dürfen. Man muss sich vor Augen halten, dass wir in der Deutschen Journalistenschule in München noch 1980 unsere Übungszeitung mit Bleisatz in der Druckerei der Süddeutschen Zeitung verfertigten, 540 Jahre nach Gutenberg! Marshall McLuhan schrieb 1962 in seinem Buch Die Gutenberg-Galaxie, diese sei von gestern, nun komme das electric age. Womit er Recht behielt. Wir sind schon mitten drin.

Jede Seite muss gesetzt (den Setzer gibt es heute nicht mehr) und mit Farbe bestrichen werden, dann klemmt man einen Rahmen mit dem Blatt darauf und schraubt alles fest. Mit einem schmatz (dem »Druckerküsschen«) löst sich das Blatt von der Vorlage ― und ist bedruckt. Nun nur noch 24 Stunden alles trocknen lassen.

Die Seite mit den Bleibuchstaben

Die Seite mit den Bleibuchstaben

Der Rahmen, der daraufgepresst wird

Der Rahmen, der daraufgepresst wurde

Die Druckmaschinen sind riesige Apparate. Die einzelnen »Lagen« (meist ein Ensemble von 24 Seiten) werden mit Fäden versehen und zusammengeheftet. Das rotiert und stampft und arbeitet wie im Motorraum eines Ozeandampfers. Kürzlich sind so auch die 750 Exemplare meines Buchs Radsport furios entstanden.

In einer weiteren Vorführung konnte man einen Ablassbrief erwerben, falls man sich Rechtschreibfehlern und böswilliger Wortverdrehungen schuldig gemacht haben sollte. Das ist nicht mein Fall, ich bin ein präziser, verantwortungsvoller Schreiber, wie man kaum mehr einen findet. Könnt ihr mir glauben!

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Bi Sheng, ja, das ist eine andere Geschichte. Er musste 50.000 Zeichen koordinieren, und das klappt nur mit einem Art Cockpit aus sieben riesigen Tafeln, aus denen man die richtigen chinesischen Schriftzeichen auswählt. Gutenberg hatte es da noch leicht.

Mit dem Buchdruck sind noch andere Phänomene verbunden. König Maximilian I. beauftragte 1490 das lombardische Geschlecht der Tassis (später Thurn und Taxis), den Briefverkehr zwischen seiner Residenz in Innsbruck und in Mechelen (Belgien) zu managen. Es war die Geburtsstunde der Post.

Und 100 Jahre später, 1605, erfand der Buchhändler Johann Carolus aus Straßburg die Zeitung, die sich schon vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1618) verbreitete. Dies alles erfährt man in Mainz, das 200.000 Einwohner hat, schon über 2000 Jahre alt ist und bei den Römern Mogontiacum hieß, gewidmet der keltischen Gottheit Mogon.

224x272.pm1.bgFFFFFFDas Wappen der Stadt Mainz zeigt zwei durch ein silbernes Kreuz verbundene, schräg gestellte, sechsspeichige, silberne Räder auf rotem Untergrund. Die Stadtfarben sind rot-weiß. Erinnert frappant an ein Fahrrad, das jedoch in seiner Urgestalt vor 200 Jahren südlich davon entwickelt wurde, in Karlsruhe durch Carl Drais. (Copyright des Wappens: Landeshauptstadt Mainz)

 

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