Schlusseffekte

Seltsame Dinge passieren, und man meint, sie passieren nicht zufällig, es steckt eine Ordnung dahinter. Etwas explodiert, ein Gerät versagt ― sind wir sicher, dass wir nicht unbewusst mitgewirkt haben? Vier Episoden zur Psychokinese.

004Psychokinese ist die Einwirkung des Geistes auf die Materie. Nina Kulagina aus Russland konnte eine Magnetnadel ins Drehen versetzen, indem sie sie anstarrte. Normale Menschen können, wie Robert Jahn in Princeton in jahrelangen Versuchen herausfand, Materie beeinflussen; aber nur in Grenzbereichen, wenn ein Zustand schon prekär und am Umkippen ist. Mikro-Psychokinese ist möglich.

Makro-Psychokinese gibt es auch. Etwas passiert, es ist Pech, und ich will nun nicht behaupten, dass immer unsere Psyche mitwirkt.  Zuweilen handelt es sich vielleicht um eine Art Inszenierung, von wem auch immer. Ach, lassen wir die Theorie, erzählen wir die Geschichten.

Ein guter Freund schaute sich vor kurzem im Wohnzimmer den Film Radio Days von Woody Allen an. In der Schlussszene, gerade während des Feuerwerks, knallte es besonders laut. Der Freund dachte, es käme aus dem Film, der ja auch weiterlief, obwohl … ein kleiner Kondensator im Abspielgerät explodiert war. Sofort breitete sich im Wohnzimmer starker Rauch aus. Der fassungslose Zuschauer musste die Abzugsanlage einschalten, weil Windstille war. So ein Pech! Aber auch kurios, dass der Knall so gut zum Feuerwerk passte.

valentin1Am Tag, als er mir das schrieb, las ich in dem Buch Philosophie im Mistbeet von Erich Engels (1889-1971), 1969 im Süddeutschen Verlag erschienen. Engels hatte das Drehbuch zu einem Film geschrieben und wollte dafür Karl Valentin und Liesl Karlstadt engagieren, die beiden Komiker aus München. Das klappte nach unendlichen Mühen, der Drehort wurde von Berlin nach München verlegt, der Film wurde fertig und hieß Kirschen in Nachbars Garten. (Rechts Valentin in einer Szene des Films; Abbildung aus dem erwähnten Buch)

Doch dann musste eine Szene nachgedreht werden, es war auch hier die Schlussszene. Der Kameramann und seine beiden Assistenten legten eine Decke und drei Kissen um die Kamera, die ihnen zu laut war. Dann, endlich, sagte Valentin (zu Liesl): »Sie, jetzt san S’aber staad, sunst schlog i ois zamm!« Und mit diesen Worten brach die altersschwache Kamera »unter erschütterndem Getöse« zusammen und legte sich platt auf den Boden. Die Kameramänner lagen daneben.

Engels: »Neben ihnen allerdings lagen auch wir auf dem Boden ― vor Lachen. Als einziger stand Valentin gelassen da, grinste über das ganze Gesicht und sagte nur: »Gelungen!«

Engels traf Valentin 1940 das letzte Mal. 1948 starb der begnadete Künstler. Noch eine Vignette zum Schluss. Liesl Karlstadt hatte sich von Valentin getrennt, hatte jedoch Engels in Grünwald noch besuchen wollen. Dann las er eines Morgens in der Zeitung, dass sie gestorben sei, ganz plötzlich. Und … am nächsten Tag traf eine Postkarte ein von der Liesl, die sich freute, Engels wiedersehen zu sollen. Sie hatte sie am Vormittag ihres Todestages in die Post gegeben.

Nachspiel: Zwei Geschichten aus meinem Leben muss ich dazu ergänzen. Bei beiden kann ich Psychokinese nicht ausschließen. Einmal, vor vielen vielen Jahren, wollte ein Freund in Chile mit mir in ein Spielcasino fahren, mit dem Auto. Die Stimmung war schlecht zwischen uns beiden, und ich wollte absolut nicht dorthin. Und nach wenigen Kilometern … ging der Volkswagen Passat nicht mehr. Wir mussten ihn zurückschleppen lassen. Der Besuch fand nicht statt.

Und in Müllheim bei einem Schachturnier saß mir ein Mann gegenüber, der mir herzlich unsympathisch war. Ein Schwätzer und Großsprecher. Wir spielten Blitzschach. Mein Gegner zog – und ich war matt. Ich war in dieser Sekunde völlig sprachlos und fassungslos, und im selben Augenblick kracht es. Der Mann war mitsamt seinem Stuhl zusammengebropchen und lag auf der Erde. Zum Glück hatte er sich nicht verletzt. Ich konnte mir das nicht erklären, aber wer weiß, was für Kräfte von einem ausgehen, wenn man geschockt ist.

Weitere Beiträge über und mit Karl Valentin:
Karl Valentin im Jenseits; Briefe von Valentin an Valentin; Zum Valentinstag.

 

Ein Kommentar zu “Schlusseffekte”

  1. Regina

    Hätte auch noch eine witzige Geschichte: gestern leuchtete ein Licht an der Kaffeemaschine auf: shit, schon wieder „entkalken“, dachte ich frustriert, weil kein Kaffee zum Frühstück… Aber nur der Wassertank war leer! Grüße Regina