Gott und Welt

Für uns kein Problem, Gott und die Welt. Die Welt und das, was wir in ihr erreichen wollen, gibt uns genug zu tun. Doch uns begegnen Probleme, die eine Entscheidung verlangen, wobei sich unser Gewissen meldet, unsere innere Stimme. Manche Dinge muss man tun, damit die Welt besser wird; sie sind in der Ordnung, drängen sich auf.

In der Welt des Mittelalters vor tausend Jahren schien es fast unmöglich, Gott und der Welt zu gefallen. Klöster wurden gegründet, Menschen zogen sich zurück, man hungerte und wurde überfallen. Gott oder die Welt, hieß es damals. Dann aber bot das christliche Rittertum eine Möglichkeit des »harmonischen Ausgleichs, der Versöhnung von Gott und Welt, von ritterlicher Standesehre und Weltlust mit der ewigen Bestimmung des christlichen Menschen«, schrieb Otto Georg von Simson.

Der Parzival von Wolfram von Eschenbach, vor 800 Jahren geschrieben, strebt nach diesem Ideal. Der Dichter, der als Erzieher auftrat, lehrte:

swes leben sich sô verendet,
daz got niht wird gepfendet
der sêle durch ‚es lîbes schulde,
und er dch der werlde hulde
behlten kan mit werdekeit,
daz ist ein nütziu arbeit.

Die Erfahrung Gottes ist die der göttlichen Gnade. Der Glanz der höfischen Kultur sinkt vor der Ewigkeit zu nichts hinab. Es gibt die Schuld und das Mysterium der Erlösung. Der Held Parzival erfährt sie. Er war schuldig geworden: Nachdem er sich zum Ritter verpflichtete, starb seine Mutter; er tötete einen Verwandten (ohne zu wissen, dass dieser ein Verwandter war); er sieht in der Gralsburg den leidenden König Amfortas und verpasst es, die Frage zu stellen, woran er leide. Er schweigt und macht sich mangelnden Mitgefühls schuldig.

Deshalb wird er aus der Gralsburg ausgestoßen. Er war schon nah dran am Gral, dem heiligen Objekt, das ewiges Glück spendet, und muss Jahre in der dunklen Gottferne verbringen. Doch fünf Jahre danach, an Karfreitag, erreicht er nach langen Mühen wieder die Burg, sieht den König, stellt die Frage – und wird selber zum Gralskönig. Das war seine Erlösung, am Karfreitag.

Ihm hatte es an der Reinheit gefehlt, die der Gral verlangt. Parzival unterließ die Frage, weil man ihm eingeschärft habe, immer bescheiden zu sein und sich nicht vorzudrängen. Es war eine falsche Einschätzung der Lage, ein Versehen, das er später bitterlich bereute. Wir alle haben einen Pfahl im Fleisch, haben irgendwann einmal etwas nicht getan, was wir tun häten sollen, aus Angst oder Bequemlichkeit. Bei Parzival lernen wir, dass alles noch einmal gut werden kann. Wir können es gutmachen. Und manchmal kehrt die Situation auch fast unverändert wieder, damit wir alles reparieren können. Das ist dann die göttliche Gnade, die Erlösung.

Ein Kommentar zu “Gott und Welt”

  1. Regina

    und ich überlege, ob ich die Katze nicht hätte so austricksen dürfen? Es tut mir leid! Grüße Gina