Die Drais-Stadt

Endlich Frühling, so hoffen wir. Februar und März waren recht kalt, aber vergessen wir nicht die vielen traumhaften Tage im vergangenen Herbst. Ich war oft in Karlsruhe und fuhr ein paar Wege ab, doch meine Fotos waren der Zeitschrift nicht gut genug, über meine Garmin-Touren erfuhr ich nichts, und der Text hielt sich nicht ans Format. Das war mein neuester Ausflug in den Journalismus, aber ein paar Fotos werden auf manipogo ausgestellt, damit nicht alles vergebens war.

017021Michael Faiß aus Tübingen erlebte im März eine Lesung von Johannes Schweikle mit, der einen gut recherchierten Roman über Carl Drais geschrieben hat, Die abenteuerliche Fahrt des Herrn von Drais. Michael hatte seine »alte Stadtschlampe« (Staiger, Baujahr 1961) an einen Laternenpfahl gekettet, und ein Mann meinte, hey, stell den doch auf die Bühne, passt gut! Das war Herr Schweikle. Er tritt übrigens im April exakt an der Stelle auf, an der ich vor drei Jahren eine Lesung hatte: im Fahrradhaus Stroppa in Singen am Hohentwiel. Drais darf nicht vergessen werden. Ich wollte über Karlsruhe ja nur schreiben, um an ihn erinnern zu können und die Tourer auf den Karlsruher Hauptfriedhof zu lenken. Außerdem hatte ich ja dieses Versepos geschrieben, Das Jahrhundertrennen, das in Karlsruhe spielt. Es geht um ein Fahrradtreffen zum 200. von Drais, das ja tatsächlich stattfand. Ich war dabei, als Don Camillo, und gezeigt wurde es schon einmal, bei meinem Karlsruhe-Bericht. Hat Michael Faiß gemacht, als er überraschend in Karlsruhe auftauchte, damals, im Juni 2017.

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Aber auch die Tour am Zoo vorbei, über den alten Flugplatz und an diversen Kanälen vorüber, um von Norden her auf schnurgerader Straße auf das Schloss zu stoßen, gefiel mir. Ach, war das eine tragikomische Geschichte, dieser merkwürdige Auftrag! Wie immer begriff ich es aus Aufgabe, Giovanna schenkte mir den Garmin 64S, ich arbeitete mich ein, sogar eine Lenkerhalterung hatte ich, und dann, am 7. September, an einem ominösen, hässlichen Platz in Karlsruhe, an dem ich mich immer verfahre und der ein böses Karma hat, war die Halterung plötzlich leer. Der Garmin war hinuntergefallen und von ein paar Autos herumgeschubst worden, war kaputt. Ich auch. An jenem Navhmittag war ich auf dem Campingplatz von Lauterbourg, wo am Abend ein Techno-Event stattfinden würde, an einem See, und später erst begriff ich, dass die Welt so mein Gedicht nachspielte, denn im Jahrhundertrennen liegt der Campingplatz am See, und Pablo spielt Techno.

Das war, ich erinnere mich, der Anfang eine wochenlangen Depression. Ich kam nicht mehr richtig auf die Beine. Mein Leben war eine Ruine. Ich hatte alles versiebt und schrieb auch noch an einem Buch über die Angst, etwas zu verpassen (und ich hatte ja alles verpasst). Alles war öd und leer wie auf dem folgenden Bild, aufgenommen im Norden von Karlsruhe, in der Nähe des Ölhafens.

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Aber dann, wenn man die Autobahn überquert hat, fährt man schnurstracks auf das Karlsruher Schloss zu. Ich habe es in drei Versionen an drei Tagen; zwei Mal Sommer, einmal Herbst. Immer schön.

005008009Meine Tour führte hinüber nach Lauterbourg. Stellte ich mir schön vor: Frankreich. Aber die Stadt ist hemmungslos zugepflastert worden, und der Campingplatz kam mir wie ein Gefängnis vor (die meisten sind es auch). Der Weg dorthin am Rhein entlang ist am schönsten. Da fand ich auch meine Sirene, die nichts dagegen hatte, fotografiert zu werden.

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Und zum Schluss, als Erinnerung, noch einmal das Draissche Fahrzeug, fotografiert im Verkehrsmuseum in der Nähe des Bahnhofs.

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