November

Der Totenmonat soll ein wenig den Toten gehören, an die nur Hinterbliebene denken. Wer betet schon für die armen, unerlösten Seelen im Fegefeuer (oder an einem anderen, vielleicht sogar kalten Ort; dauernd frieren, wie furchtbar!)? Sie haben gelebt und sind nun verstört. Wer hätte gedacht, dass es weitergeht?

Glaube ich jedenfalls. Die katholische Kirche verspricht vollständigen Ablass (für wen?), wenn man von 1. bis 8. November auf den Friedhof geht und für die Toten betet, aber Religionen haben immer Bedingungen: Beim Beichten muss man gewesen sein (das Busssakrament) und die Kommunion muss man empfangen haben, außerdem muss man ein Gebet für den Papst einflechten. Geht auch anders. Einem Verstorbenen zu danken für die Zeit, die man mit ihm verbrachte und ihm Licht und Liebe zu schicken, hilft.

Für die Große Koalition in Berlin will niemand beten. Weghaben will man sie; abgestraft seien CDU und SPD worden, schreibt die FAZ. Ich habe die Arbeit der Regierung nicht verfolgt, nur die Attacken der CSU sind mir nicht verborgen geblieben. Die CSU wurde ja auch abgestraft. Es mag Streit gegeben haben in Berlin, aber Politik ist eben ein zähes Geschäft. Ich weiß nicht, was die Leute wollen. Es geht uns gut, die Wirtschaft läuft, was stimmt nicht? Frau Merkel ist nicht gerade charismatisch, aber wo sind sie, die Charismatiker in der deutschen Politik?

Visionen. Die Digitalisierung rangiert immer noch unter den Zukunftsplänen, das lässt Schlimmes befürchten. Das Internet saugt unsere Welt aus wie ein Vampir, weil wir ihm viel Energie zuführen (und sie von unserer Welt abziehen). Irgendwann ist alles virtuell und automatisiert, dann können wir einfach zu Hause bleiben. Was wir brauchen, wird geliefert, und der Rest kommt aus dem Netz auf große Bildschirme.

Ich blicke auf Italien zurück, auf meine Reise im September und Oktober. Die Stimmung ist negativ. Afrikaner werden zusammengeschlagen, das gab es früher nicht, Salvini bläht sich auf wie Trump, Di Maio sekundiert ihm mit kaltem Lächeln, die Italiener frönen dem Konsum und schauen wie seit Jahrzehnten ihre lächerlichen abendfüllenden Shows auf Rai1 an, alles wie gehabt. Wie immer passiert nichts, nur Verbrechen und Unglücke gibt’s. Italien steckt in einer schlechten Phase. Nein, da muss man nicht seinen Lebensabend verbringen. Auch in Brasilien nicht, wo ein rechter Politiker zum Präsidenten gewählt wurde.

Nach so einer Reise hat man viel Distanz zur Außenwelt. Das ganze Gewese in Politik, Sport und Showbusiness kommt einem lachhaft vor, man sieht von oben auf die Dinge und wünscht sich auf eine einsame Insel, die allerdings ein paar Berge und (gute) Straßen von mindestens 200 Kilometern Länge haben sollte. Ohne Autos, damit ich gut radfahren kann.

Ich fürchte, ich muss mir eine kaufen. Vielleicht macht ein Fußballspieler des FC Bayern mit, die haben ja alle viele ungenutzte Millionen auf dem Konto. Der darf dann auf den 200 Kilometern auch seinen Ferrari ausfahren, wenn er mir vorher sagt, wann er Lust dazu hat.

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.