#35 Fantasie

Wieder ein neues Heft der Kritischen Ausgabe, da geht was! Drei Chefredakteurinnen (Eva Maria Trösser, Clarissa Benning, Annkathrin Hohl) lassen erörtern, was Phantastische Literatur eigentlich sei. Es ist Literatur vorwiegend für Kinder und Jugendliche, die sich da hineinstürzen.

fantasieIch weiß darüber wenig. Ich muss nur immer die Bände ausgelesener Fantasy-Literatur einer Nachbarin loswerden – sie in Regale mit Second-Hand-Büchern stellen ―, und das sind oft mehrbändige Werke mit grellen Umschlägen vom Gewicht und dem Format von Ziegelsteinen. Da passiert sicher ne Menge, öde Dialoge sind garantiert, aber ob das Ambiente so phantasievoll ist, wie die Aufmachung verspricht? Autoren orientieren sich an anderen Autoren, es entsteht Quark, der, getreten, breit wird und nicht stark, schrieb Goethe.

In Sulzburg war eine Ausstellung über dunkle Turmaline zu Gast im Landesbergbaumuseum, und da gibt es Schnitte durch die Kristalle, die an Kühnheit und Bizarrerie die größten Science-Ficiton-Illustratoren übertreffen, doch das ist bildende Kunst, nicht Schreibarbeit. Svenja Esser hat übrigens die Illustrationen zu dem Heft erstellt, man sieht oben das Titelbild: phantastisch, fürwahr.

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Jugendliche Erlöserfiguren in dunklen Zeiten heißt vielversprechend der erste Beitrag. Hat Harry Potter irgendeine Wirkung hinterlassen, sehen wir einmal von den Formeln ab, in den naturwissenschaftlich gesonnene Literaturwissenschaftler die Werke der Rowling pressen wollen? Mareike Fallwickl wird gelobt für ihren Erstlingsroman Dunkelgrün, fast schwarz, Lea-Lina Oppermann für ihren Roman Was wir dachten, was wir taten. Wohin sind eigentlich die Seitenzahlen in dem Heft Fantasie verschwunden? Wir finden die Beiträge aber, brauchen nur ein wenig Logik. Fantasie hilft da nicht.

Es gibt ein Interview mit Antonia Michaelis, Phantastikpreisträgerin der Stadt Wetzlar im Jahr 2016. So etwas gibt es auch. John von Düffel wird wieder promotet, man will von seinem Image als Familien- und Wasserautor wegkommen, aber ― wohl dem, der in der Öffentlichkeit irgendein Image hat. E. T. A. Hoffmann wird natürlich weidlich erwähnt, er war ja der Urvater der Gothic-Literatur, aber was eigentlich Fantasy ist, hätte ich gerne gewusst, habe ich aber nicht erzählt bekommen.

Ich habe einfach zu viel zu lesen. Den Artikel »Mythos Stunde Null« werde ich mir nochmal vornehmen und manches anderes auch. Es gibt viel zu tun, bleiben wir fantasievoll dabei!

Fantasie, Kritische Ausgabe, c/o Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Am Hof 1d, 53111 Bonn
Auflage 400 Exemplare, Preis nicht angegeben.
ISSN 1617-1357
ISBN 978-3-96242-035-2

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