Die Festungsstadt Neuf-Brisach

Vor vier Jahren besuchte ich mit meiner Mutter die Festungsstadt Neuf-Breisach, 30 Kilometer von meinem Wohnort gelegen. Wir wanderten an den Wällen entlang und liefen viel herum. Gerade stieß ich auf die Fotos und war verwundert, dass ich keinen Beitrag für manipogo darüber geschrieben hatte. Die Festung steht ja weiter, darum: jetzt.

Seit 2008 sind die Anlagen des Festungsbauers Sébastien Le Prestre de Vauban (1633-1707) UNESCO-Weltkulturerbe. Von 1699 bis 1703 ließ er Neuf-Brisach (das neue Breisach; ein paar Kilometer weiter, jenseits des Rheins — für die Franzosen — liegt das deutsche Breisach mit seinem imposanten Dom, das die Franzosen das alte Breisach nennen) errichten. Das war wenige Jahre vor seinem Tod. Eine Information aus Wikipedia geben wir hier weiter, weil es ein gutes Licht auf ihn wirft: Vauban schlug Anfang 1707 dem König vor, den Zehnten — die Steuer, die die Landbevölkerung quälte — auch dem Adel abzuverlangen. Seine Schrift wurde verboten, der Antrag abgelehnt, und Vauban fiel in Ungnade, was zu seinem Tod am 30. März beigetragen haben mag. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren die Staatsfinanzen Frankreichs zerrüttet, und nach 1789 wurde der gierige, geizige und satte Adel hinweggefegt.

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Neuf-Brisach wurde eine barocke Planstadt — damals entstanden auch Mannheim und Karlsruhe als Raster — als Achteck »mit zentralem Exerzierplatz, der heute als Marktplatz genutzt wird, und einem schachbrettförmig angelegten Straßennetz als Idealform einer Festungsstadt … In der Stadt gab es Unterkünfte für die Soldaten und Offiziere, Versorgungseinrichtungen, eine Kirche, Häuser für nicht-militärische Einwohner der verschiedenen Stände sowie eine beeindruckende Anlage aus Mauern, Gräben und Toren um die Stadt.« (Wikipedia) Die Stadtanlage war typisch für die Militärarchitektur des Barock unter Ludwig XIV., der viele befestigte Städte an den Grenzen anlegen ließ.

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Er ließ auch seine Soldaten ausschwärmen und deutsche Burgen in Badenweiler und Staufen zerstören. 1715 starb der Sonnenkönig nach 72 Jahren im Amt, der erst fünfjährige Ludwig XV. folgte ihm und blieb auch fast 60 Jahre König. Wenig tat sich, das Land ging dem Ruin entgegen, und Ludwig XVI. wurde 1793 enthauptet. Das starre Muster der Festungsstädte war auch Zeichen für eine Unbeweglichkeit.

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Über den Festungsbau und seinen Unsinn, da die befestigte Stadt leicht umgangen und damit ignoriert werden konnte, lesen wir viel in dem Roman Austerlitz von W. G. Sebald. »Niemand, sagte Austerlitz, habe heute auch nur einen annähernden Begriff von der Uferlosigkeit der Literatur zum Festungsbau, von der Phantastik der in ihr niedergelegten geometrischen, trigonometrischen und logistischen Kalkulation …« Die Festung sei ein Emblem der absoluten Gewalt sowohl als des »Ingeniums der in ihrem Dienst stehenden Ingenieure«. Auch im Tristram Shandy von Laurence Sterne von 1767 steht viel über den Festungsbau.

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