Maria hilf!

Ich bin darauf hingewiesen worden, dass manipogo ziemlich christlich daherkomme. Ich hatte es selber bemerkt. Aber nun war ich gerade in Bayern, Weihnachten nähert sich; der Ton wird getragener, das Licht dämmert schon herauf, und es ist zweiter Advent, da kann einen schon ein christliches Rühren ankommen.

Papst Benedikt XVI. hat übrigens vor einer Woche beim Angelus auf dem Petersplatz etwas von der zweiten Ankunft Christi gesagt, der das Weltenende bedeute. Es meinen ja manche, am 21. Dezember sei es soweit, die Mayas hätten das gesagt. Weiß der Papst vielleicht schon mehr, und in seiner Stube läuft der Countdown: noch 12 Tage?   

Ich war 40 Jahre meines Lebens ein Katholik, bis ich aus der Kirche austrat. In Rom lebte ich schon als Nichtkatholik fünf Kilometer vom Papst entfernt (doch kein Blitz hat mich niedergestreckt); ich hätte ihn durch den Park zu Fuß in einer Stunde besuchen können, aber damals war er ein Pole, und die Verständigung wäre mühsam gewesen.  

Mein Vater hielt nichts vom Katholizismus und vom Glauben (er glaubte nur, dass »ein Pfund Ochsenfleisch eine gute Suppe gibt«), meine Mutter war in der Hinsicht schwer einzuschätzen, und darum weiß ich, dass ich mir meinen Hang zum Spirituellen selber zuzuschreiben habe. Als junger Mensch wollte ich ein halbes Jahr meines Lebens sogar katholischer Priester werden. Aber heute noch  betrachte ich gläubige Menschen und die Riten der Kirche mit Bewunderung und Sympathie. (Bild: ein Evangelist in der Kirche von Waal.)  

Und wenn ich dann mit dem Fahrrad über die Dörfer am Lech fahre, fallen mir eben die Marienstatuen und die Kreuze mit dem Heiland auf, die Zeichen von Volksfrömmigkeit. Dann muss ich sie auch noch fotografieren.  

Religion ist schwierig für ein Wassermann-Sternzeichen, das irgendwie flüchtig durchs Leben gleitet, zu echter Innerlichkeit, Innigkeit und Gefühlstiefe nicht in der Lage ist und dabei auch immer alles analysieren muss. Ich bestaune die Kreuze mit dem leidenden Herrn und denke an Carl Gustav Jungs Antwort auf Hiob und seine Frage, weshalb Gott so leiden musste, um Mensch zu werden. Fühlte er sich vielleicht schuldig, weil er im Alten Testament so selbstherrlich und grausam gewesen war? (Bild: Maria in einer Mini-Grotte oberhalb von Waal.) Jung hält Religion für Menschenwerk und den christlichen Gott für eine Projektion. Daher auch die Frage, warum Jesus so grausam sterben muss. Immerhin: Einem leidenden Gott konnte sich der arme bäuerliche Mensch, vom Wetter gegeißelt und von Krankheiten gepeinigt, nahe fühlen.  

 

Auch die Marienverehrung hat Wurzeln in der Vergangenheit. Maria ist, wie Jung meint, eigentlich eher Göttin als Mensch. Sie eignet sich als Idol, für Frauen wie für Männer. Die Frau will auch einmal zu einer der ihren beten und nicht zu irgendwelchen bärtigen Büßern, und der Mann sucht ein fernes, schönes, unerreichbares Wesen, um vor ihm niederzuknien, wie es vor tausend Jahren die Troubadoure taten. Die Frau ihrerseits sucht den Helden, der ihre Liebe wert wäre. (Bild: Maria, golden, in Buchloe.) Man weiß nicht genau, ob Religion Liebesersatz ist oderLiebe eine Art von Religion. Sicher spielt der Eros in religiösen Belangen eine große Rolle wie überall.

Für die Sufis war das nie eine Frage. Für sie war die Geliebte eine Gestalt des Allerhöchsten, seine Epiphanie. Sie wollten ihre Geliebte nur ansehen und anstaunen. Im Tantra ist die Frau oder der Mann nur ein Mittel, um mittels sexueller Entrückung zur Leere vorzudringen, ins Nirwana, also ins Nichts, − wo die Christen das »All« haben, die Fülle und den Götterhimmel voller Heiligen. Religion ist ein Weg.          

 

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