In Indien, November

Ich möchte ein paar von Giovannas Bildern veröffentlichen, die sie im November 2013 in Indien gemacht hat. Dann fielen mir die Prosa-Stücke von Krishnamurti aus seinen Commentaries on Living wieder ein, und ein Auszug soll die Fotos umrahmen. Es sind immer Meditationen über die Stille und das rechte Leben. 

»Das Meer war ruhig und der Horizont klar. In einer Stunde oder zwei würde die Sonne hinter den Hügeln aufsteigen, und der abnehmende Mond brachte das Wasser zum Tanzen; es war so hell, dass die benachbarten Krähen auf waren und krächzten, was die Hähne aufweckte. Dann wurden Hähne und Krähen wieder still; es war sogar für sie noch zu früh. Eine seltsame Stille herrschte. Es war nicht die Stille, die nach dem Lärm einsetzt oder die brütende Stille vor einem Sturm. Es war nicht eine Davor-oder-danach-Stille. Nichts bewegte sich, nichts rührte sich in den Büschen. Es war die Totalität der Stille mit ihrer durchdringenden Intensität. Es war nicht der Saum der Stille, aber ihr reinstes Wesen und wischte alle Gedanken und alle Handlungen beiseite.

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»Der Geist spürte diese maßlose Stille und wurde selbst still — oder rückte eher in die Stille ohne den Widerstand seiner eigenen Aktivität. Der Gedanke bewertete nicht, maß nicht, sondern akzeptierte die Stille und war selbst Stille. Das Meditieren geschah mühelos. Es gab keinen Meditierenden und keinen Gedanken, der ein Ziel verfolgte; darum war die Stille Meditation. Diese Stille hatte ihre eigene Bewegung, und sie drang in die Tiefen ein, in jede Ecke des Geistes. Stille war der Geist; der Geist war nicht still geworden. Die Stille hatte ihren Samen mitten in das Herz des Geistes gepflanzt, und obschon die Krähen und die Hähne wiederum das Morgengrauen feierten, würde die Stille niemals enden. Die Sonne kam nun jenseits der Hügel hoch; lange Schatten lagen über der Erde, und das Herz würde ihnen den ganzen Tag folgen.«

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»Die Frau, die nebenan lebte, war recht jung, und sie hatte drei Kinder. Ihr Ehemann würde am späten Nachmittag von seinem Büro heimkommen, und nach einigen Spielen würden sie alle über die Mauer schauen. Eines Tages kam sie mit einem ihrer Kinder vorbei, aus reiner Neugier. Sie hatte nicht viel zu sagen, und es war auch nicht viel zu sagen. Sie sprach von vielen Dingen — von Kleidern, von Autos, von der Erziehung und dem Trinken, von Festen und dem Leben in den Klubs. Es gab ein Flüstern über den Hügeln, aber es verschwand, bevor du ihm nahekommen konntest. Da war etwas jenseits der Worte, aber sie hatte nicht die Zeit, zu lauschen. Das Kind wurde ruhelos und zappelig.«

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Fotos von G. Braghetti, vielen Dank!

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