Trostlosigkeit

Betrachtend die schönen Fotos aus Hildesheim, fragt man sich: Ist das alles? Viele meiner eigenen Fotos zeigen eine gewisse Trostlosigkeit, ich mag verlassene, vernachlässigte Gegenden und Städte und denke mir, man müsste auch häufiger die kommerzhörigen Innenstädte fotografieren, die Billig-Cafés mit ihren Plastiksitzen, denn da ist die echte Trostlosigkeit, wo der Mensch dem Mitmenschen nur den billigsten Plunder hinstellt und sagt: Freu dich dran!

Im 18. Jahrhundert bauten Adelige in England Parks mit künstlichen Ruinen, weil der Verfall damals schick war. Die Triumphbögen und Trümmer der alten Griechen zeugten von der verronnenen Zeit, man nahm ein paar Epen dazu und malte sich die Bewohner jener Regionen als liebestrunkene Schäfer und kokette Schäferinnen aus und sah sich selbst als edle Philosophen in Toga oder Umhang. Später dann waren Trümmer Zeichen eines Kriegs, und verrottete Stätten — aufgelassene Tankstellen und Einkaufs-Malls —  die Überreste des Fortschritts, der weiterstampft und seinen Unrat hinter sich lässt. – Dazu ein Artikel, der die Fotos von Roman Veillon feiert. Der Franzose hat sich auf das Innen schöner, edler verfallener Häuser spezialisiert. Da spürt man die Schönheit noch, das ist fast zu poetisch und nicht richtig trostlos.

Natur selber ist nie trostlos; immer sind es Orte, an denen Zeichen des Menschen haftenblieben, er selber jedoch unsichtbar ist. Orte wurden benutzt und geschändet, man achtete ihrer nicht, sondern baute sie gedankenlos zu und riss manches wieder ab und ging weiter. Starker Eindruck der beiden Fotos aus Polen in der ersten Hälfte der 1990-er Jahre. Das Auto am Rand ist eine Chiffre für den Menschen, der irgendwo in einem Bau in seiner Wohnung sitzt, allein.

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Oder die Orte, in denen man Menschen wohnen ließ: riesige Wohnquader an schadhaften Magistralen, reichlich öder Platz drumherum (gesehen kürzlich an der Grenze von Polen zu Tschechien). Vorortbahnhöfe im Licht des sinkenden Abends.

 

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Und die Orte, die Menschen befahren: menschenleere Welt, Auffahrten und mehrspurige Asphaltbänder mit Leitplanken, tote Tiere auf dem Seitenstreifen. Die Welt, die nur auf Autos durchquert wird, ist manchmal fürchterlich hässlich. Ich hätte mehr hässliche Szenerien fotografieren sollen.

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Fragen bleiben.

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