Aufstieg der Seele (2)

Weihnachten II. Die US-Zeitschrift Light veröffentlichte 1935 das Zeugnis eines Mediziners, der dem zwölfstündigen Todeskampf seiner 73 Jahre alten Tante beigewohnt hatte. Es ist feierlich, ist geradezu eine Zeremonie, die der Arzt — Riblet B. Hout aus Goshen, USA —, der sich als »sensitiv« bezeichnete, miterlebte und exakt protokollierte. Auch dies eine »schwere Geburt«.

002Die Kranke hatte Darmkrebs. Es blieb keine Hoffnung mehr. Der Arzt eilte ans Krankenbett, die Angehörigen versammelten sich, und so harrte man die ganze Nacht aus. Die Sterbende lag im Koma. Plötzlich sah Doktor Hout, dass sich eine unerklärliche Substanz etwa 60 Zentimeter oberhalb der Frau abzuzeichnen begann, die einem Nebel glich, immer durchsichtiger wurde und eine längliche Form annahm. Bald blieb kein Zweifel mehr: Diese Form begann einem menschlichen Körper zu gleichen. Stunden vergingen, und immer mehr verdichtete sich die Ahnung zur Gewissheit: Über der Tante des Arztes bildete sich ihr spiritueller Körper aus, der ganz ruhig blieb, im Gegensatz zum Körper auf dem Bett, der zuckte und sich zusammenzog. Der Puls wurde immer schwächer.

trzecieoko1984Und seltsam: Das Gesicht des spirituellen Körpers, der zu leuchten begann, wirkte jünger und voller Lebenskraft, anders als das vom Leiden verbrauchte Gesicht der alten Frau auf dem Bett. Zum ersten Mal nimmt der Arzt wahr, dass eine perlfarbene Schnur vom Kopf der Sterbenden zur spirituellen Form oben reicht. Die Silberschnur war weiter oben einheitlich und etwa zwei Zentimeter breit, verzweigte sich aber und drang mittels zahlreicher Fäden in den Schädel der Frau. Vom Kopf gingen pulsierende Bewegungen aus, die auch den nebulösen Körper oberhalb immer stärker vibrieren, ihn immer fester werden ließen, während der physische Körper schwächer wurde. Plötzlich hört Riblet Hout mystische Gesänge, einen ganzen Chor, und mit Erstaunen sieht er die Gesichter vieler Verstorbener, die er früher gekannt hatte.

Unter ihnen erkannte ich meinen Onkel, also den Ehemann der Sterbenden, der sich als erster an ihre Seite begab. Aus der Ferne sah der verstorbene Sohn zu. Drei andere Tanten, Schwestern der Sterbenden, waren gekommen, um sie in der spirituellen Welt zu empfangen. Schließlich sah ich in Lebensgröße, stark und strahlend, meine Mutter, die seit fünf Jahren tot war. Unsere ganze Familie war also versammelt: die lebenden Mitglieder, um dem Übergang einer lieben Angehörigen beizuwohnen; und die verstorbenen Mitglieder, um sie in spiritueller Umgebung willkommen zu heißen. Und so vereint, wachten wir die ganze Nacht und warteten auf die Todesstunde.

Doktor Hout sieht (wohl im Geiste) rote Rosenblätter herabregnen auf das Bett der Sterbenden, als solle allen gezeigt werden, dass dieser Tod ein Neuanfang sei. Die Schwester des Arztes sah einige Lichter, und wo sie ein Licht sah, stand für den Arzt ein Geist. Gegen Morgengrauen spürt er, dass die große Stunde sich näherte. Er warnt die Anwesenden vor. Nochmals vermerkt er den Kontrast zwischen der seligen Ruhe und der Kraft des spirituellen Körpers und dem anderen, sterblichen, vom Alter gekennzeichneten. Die rhythmischen Pulsationen vom Gehirn her hatten aufgehört. Während Riblet Hout schweigend zusieht, hört er eine Stimme, die ihm ins Ohr flüstert: »Noch zehn Minuten Leben.« Er teilt das Gehörte den Anwesenden mit.

Der Arzt, ganz Wissenschaftler, beobachtet Kordel und die beiden Körper mit der Uhr in der Hand. Die dünnen Fäden der Silberschnur am Kopf rissen eine nach der anderen, ein zentraler blieb; die zehn Minuten waren fast verstrichen, er habe »voller Angst« gewartet. Da erscheint ihm vor seinem geistigen Auge als weiteres symbolisches Bild eine Schere aus Gold. Die letzte Verbindung riss ab; der neu geborene Geist war frei!

Nun streckte sich der bäuchlings liegende spirituelle Körper, richtete sich auf, begab sich nach unten neben das Bett, blieb dort einige Zeit stehen und öffnete dann die Augen, wonach er mich anlächelte. Er grüsste, und das galt wohl allen und der Welt , von der er Abschied nahm. Dann erhob er sich und verschwand zusammen mit den Geistern, die gekommen waren, um ihn abzuholen.

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