Rosemary rebooted

Rosemary Ringer fing nach einer Biopsie stark zu bluten an, kam ins Krankenhaus und verlor exakt dann das Bewusstsein, als ihr Herz zu schlagen aufhörte. Erst nach zehn Minuten fing es wieder an. Sie erzählte, was sie erlebte: Sie habe gedacht hey, wie kann das sein, stirbst du? Nein, du bist tot! Sie trieb von ihrem Körper weg und sagte sich, das alles ist ja keine große Sache, wenn ich das gewusst hätte! Und dann …

Dann ging es in der Dunkelheit dahin, sie war glücklich, und plötzlich fühlte sie links von sich eine spirituelle Anwesenheit. Sie fragte sie: Wer bist du? Die Antwort kam sofort: Du, Rosemary, bist das Bild und die Ähnlichkeit. Ich bin das Original.

Das ist schön, weil ich doch in Einer weiß mehr eine Stimme zitiert hatte, die das Höhere Selbst oder unseren Geistführer als den bezeichnete, der wir werden sollen — das Original also. Gut, wenn sich Hypothesen in der Praxis bewähren. Der Geistführer begleitet uns auch auf unserem Weg ins Jenseits, er ist unser Idealbild.

Rosemary war glücklich. Sie war auf dem Weg nach Hause. Mit 59 Jahren meinte sie, es könne genug sein. Sie hatte genug Schlimmes erlebt. Das Schlimmste war gewesen, dass ihr Mann zweieinhalb Jahre vorher zum Mittagessen heimgekommen war und sich danach ohne Vorwarnung das Leben genommen hatte. — Nun glitt sie in einen total weißen Raum.  (Da fiel mir In a White Room von Cream ein — hier in einer Live-Aufnahme von 2005, in der Originalbesetzung.) Da war eine Tür, und sie wusste, wenn sie sie öffnete und hindurchglitt, wäre es geschafft. Jede Entscheidung ist richtig, hörte sie, Gottes Gunst trägt sie.

Plötzlich hatte Rosemary das Bild der Krankenschwester vor Augen, die gesagt hatte, wir lassen Sie nicht sterben. Diese saß auf einem Stuhl und weinte. Deren Emotionen waren derart stark, dass sie es nicht konnte; ja, man kann einen Menschen von der Schwelle des Todes zurückholen durch Liebe. Also ging Rosemary zurück. Und das Schöne war: Sie war geheilt. Sie hatte keinen Krebs mehr, und alle ihre Leiden waren beseitigt. Du bist vom Schöpfer rebooted worden, sagte ein Freund. Für sie war noch schöner, dass ihre Seele geheilt war. Kein Kummer mehr wegen des Todes ihres Mannes, ein Neuanfang war möglich.

Den zog sie durch. Rosemary Ringer gab ihre Bücher und Hefte einer Stiftung, verkaufte all ihren Besitz, sogar ihr neues Auto (das verstanden Freunde üerhaupt nicht, kam ihnen wie Selbstmord vor). Verkaufte auch das Haus und fuhr von Virginia Beach tausend Kilometer Richtung Westen, wo sie ein neues Leben anfing.

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