Nachrichten in C-moll

Vorgestern sah ich mal wieder das italienische Telegiornale, die Hauptnachrichten auf dem ersten Kanal von 20 Uhr bis 20.30. Konnte ich kaum ertragen. In 20 der 30 Minuten ging es um das Virus, dessen Name ich auch nicht mehr ertrage und besser nur mit C benenne. Seit 5 Monaten bringt auch La Repubblica täglich das neueste Bulletin: 879 Neuansteckungen, 4 Tote. (Wo doch jeden Tag in Italien im Durchschnitt 1500 Menschen sterben, denn den Tod gibt es, nicht nur das C-Virus!)

Es ergriff mich Wut. Ich neige nicht zu Verschwörungstheorien, aber plötzlich dachte ich: Der Journalismus manipuliert uns. Es liegt in dessen Interesse, ein Klima der Angst zu erzeugen und Panik zu schüren: Leute, die sich fürchten, schauen fern und kaufen Zeitungen. Journalisten sind ja katastrophengeil, und nun können sie sich seit Monaten im eigenen Land als Kriegsberichterstatter fühlen, und dass das so weitergeht, dafür sorgen sie.

Es wirkt auch absurd, wie Politiker bei Besuchen mit ihren Masken umherwandeln. Die Virologin erzählte dem Fernsehreporter durch ihre Maske hindurch von den Gefahren. Das ist echtes Schmierentheater. Alle fühlen sich anscheinend gut dabei. Seit 5 Monaten geht das so. Wer kann das aushalten? Ich habe es ziemlich satt.

Ich habe ja ein Diplom in Journalistik erworben. Bleibe ich deshalb immer Journalist? Hoffentlich nicht. Und wenn doch, dann möchte ich der wahre Journalist sein, der Gutes schreibt, weil er die Menschen liebt.

Natürlich darf man glauben, dass das, was die Nachrichten verbreiten, auch das ist, was in der Welt geschah. Doch es ist nur eine Version. Der Journalismus ist untrennbar mit der Macht (also der Politik und der Wirtschaft) verbandelt. Journalisten halten politische und wirtschaftliche Ereignisse für wichtig, und so sieht ihre Mischung auch aus. Viele Wichtigtuer werden gezeigt, viele Statements gesendet; da fahren Wagen vor Gebäuden vor und Politiker steigen aus, oder sie reden in Konferenzsälen. Unglaublich öde. Das alles zieht die Seele herunter.

Wenn es schon Negatives sein muss, dann zeigt uns, wo Menschen zu Tausenden fliehen müssen, wo die Menschenrechte verletzt werden, wo Unrecht geschieht! Uns jungen Journalisten wurde die gefährliche Nähe der Zunft zu Wirtschaft und Politik wohl vor Augen geführt und auch kritisiert, doch dann kam die Praxis. In wenigen Monaten hast du begriffen, wohin der Hase läuft: was du schreiben kannst und was nicht. Schnell bist du ein Mitmacher, ein Konformist, eine Stütze des Systems.

Adorno hatte recht, es gbt kein richtiges Leben im falschen. Man muss dem Journalismus einen Tritt geben und Fernsehnachrichten und Zeitungen ignorieren, wenn man es gut mit sich meint. Das haben die meisten noch nicht kapiert. Sie lassen sich am Gängelband von Fakten und den Aussagen von Experten durch die Welt führen. Ist ja objektiv, meinen sie. Nichts könnte falscher sein.

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