Armando im Nacken

Seit Armando Basile wieder zurück ist aus der weiten Welt (er kriegte im März noch einen Rückhol-Flug), habe ich ihn drei Mal getroffen. Er ist in Heitersheim und im Elsass unterwegs, wie immer rastlos, nie ratlos, doch wenn er mich trifft, nimmt er sich Zeit. Von Januar 2020 bis jetzt hat Armando 25.000 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. In den vergangenen Wochen hätten wir uns leicht treffen können, im Ausland …

Er ist wie immer gebräunt, lächelt freundlich und kommt von woher und fährt wohin, was derzeit immer das Zuhause in Heitersheim ist, weil Armando Runden fährt und Reisen ins fernere Ausland noch nicht riskieren will. In den ersten 7 Tagen des Monats Juli zum Beispiel ist er 1000 (genau: 998) Kilometer gefahren: Stein am Rhein 155, Elsass 123, Lörrach/Schopfheim 121, Straßburg 200, Basel 108, Marckolsheim 141, Col de Bussang 150. Im ganzen Juli: 4244 Kilometer.

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A propos Marckolsheim: Vorgestern, als ich Armando in Heitersheim traf (beide waren wir auf dem Rad), erwähnte ich kurz, dass ich vergangenen Donnerstag (3. September) mit dem Auto nach Marckolsheim gefahren sei und dann mit dem Rennrad hoch nach Ste. Maries-aux-Mines und zurück. Da konnte sich Armando ein ironisches Grinsen nicht verkneifen: Einer, der sein Rad im Auto transportiert, na ja, ein echter Radler ist das nicht.

An jenem Tag hätten wir uns treffen können. Ich fuhr also um 9 Uhr mit dem Volvo nach Marckolsheim, um 10 Uhr mit dem Rennrad los, war um 16 Uhr nach 100 Kilometern wieder am Auto. Armando fuhr am selben Tag um 6 Uhr morgens los, über Munster und den Col de la Schlucht nach Gérardmer, durch die Berge und durch Colmar wieder zurück: 206 Kilometer. Doppelt so viele.

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122Dabei ist er schon 73 Jahre alt. Er sagte mir: »Ich bin fit. Den Winter würde ich gern an der Sonne sein, in Australien am liebsten.«

Australien, davon lässt er sich nicht abbringen. Weil’s da schön flach ist und man den ganzen Tag rollen kann to get the miles in. Seit 1983 ist der gebürtige Apulier eine Million und 342.714 Kilometer (still growing) mit dem Rad gefahren. 40.000 macht er im Jahr, also sollte er 1,5 Millionen haben, wenn er 77 Jahre alt wird. Wenn er das will, wünschen wir es ihm.

Mitte August hatte ich ihn wieder im Nacken, ohne es zu wissen. Ich hatte 6 Tage frei und hielt mich im Zürcher Unterland auf. Im Hochgebirge hieß es von Gewitter, also fuhr ich Mittwoch Nachmittag (12. August) Richtung Bülach bis Flaach und zurück, 60 Kilometer. Armando Basile war am Dienstag zu einer Drei-Tage-Tour gestartet und bewegte sich an jenem Nachmittag an der Südseite des Bodensees Richtung Westen, schlug sein Zelt (nach 151 Kilometern) nördlich von Frauenfeld am See auf, während ich auf der Terrasse einer Luxuswohnung bei Zürich den Sonnenuntergang betrachtete. Verglichen mit Armando sieht man leicht wie ein Weichei aus.

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Ich machte am Tag darauf (Donnerstag) eine Tour durchs Mittelland, trank am Ufer des Zürisees Kaffee, war gegen 17 Uhr zurück (80 Kilometer), und knalleheiß war’s. Armando fuhr vermutlich wieder um 6 Uhr los und heizte in der Hitze nach Hause, wiederum 206 Kilometer, was 512 Kilometer in 3 Tagen macht.

Armando möchte ein Buch über sein Leben, und wir haben uns seit Januar 2018 so oft getroffen und ich habe das Manuskript fertiggemacht. 200 Seiten. Nun wissen wir nicht, was damit geschehen soll. Verlage wollen das Ding nicht. Vielleicht Print on Demand? Das Universum wird uns eine Lösung präsentieren, da bin ich sicher.

Wenn ich mir Armando anschaue, denke ich mir, vielleicht kann man doch ewig leben und ewig radfahren.

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