Anekdoten von Literaten

Das ist ja ein öder Titel! Hoffentlich ist das, was drunten steht, der Lektüre wert und erzeugt hier und da ein Schmunzeln. Dieser großväterliche Beginn passt du den Anekdoten von Literaten, die ziemlich alte Literaten sind (und meistens Männer, leider). Manchmal geht einem alles so schwer von der Hand, man wünscht sich den Schwung einer Anekdote.

Der populäre Dichter Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769) war zur selben Zeit wie der Freiherr von Laudon (1717-1790) zur Kur in Karlsbad. Laudon fragte ihn: »Sagen Sie doch, Herr Gellert, wie kommt es, dass Sie so viel Gewaltiges und Munteres haben schreiben könnne? Ich kann es gar nicht begreifen, wenn ich Sie so ansehe!« Gellert retournierte: »Sagen Sie mir erst, Herr General, wie es Ihnen möglich war, die Schlacht von Kolin zu gewinnen und Schweidnitz? Ich kann es gar nicht begreifen, wenn ich Sie so ansehe!« Daraufhin lachten die beiden Männer herzlich.

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) ist ja einer meiner Lieblinge. In seinen letzten Lebensjahren hatte er eine Haushälterin, die mit seinem Leben, seinem Beruf und seiner Unordnung äußerst unzufrieden war. Nach dem Tode des Dichters wurde sie gefragt, wie er gelebt habe:
»Nun«, sagte sie mit fester Stimme, »er tat nichts, taugte nichts und rauchte viel.«

Christian Friedrich Schubart (1739-1791) saß bei einer Tafel ein junges, schüchternes Mädchen gegenüber. Der Wein machte sie mutig, und sie rief dem Dichter zu: »Herr Schubart, zu Eurer Ehr / Trink ich mein Gläschen leer.« Schubart erhob sein Gals und entgegnete:
»Ei, das freut mich königlich, / Dass die Jungfer säuft wie ich.«

Zum jungen Ludwig Uhland sagte einmal ein Kollege: »Wissen Sie, Uhland, Verse schreiben ist doch eigentlich ein undankbares Geschäft!« — »Kann ich nicht sagen«, erklärte der noch unbekannte Uhland, »denn meine Verse kommen immer wieder mit bestem Dank zurück!«

Bei einer Abendgesellschaft wollte eine Dame mit Theodor Storm (1817-1888) ein juristisches Gespräch beginnen und fragte ihn: »Sagen Sie mal, Herr Storm, was ist eigentlich die Strafe für Bigamie?« — Storm knurrte: »Zwei Schwiegermütter!«

Theodor Fontane (1819-1898) war Student und hatte sich ein Zimmer mit Frühstück gemietet. Nach dem ersten rief er die Wirtin zu sich und sagte höflich: »Meine liebe Frau Schulze! Sollte es Kaffee gewesen sein, was Sie mir heute morgen so freundlich servierten, dann bitte ich ab morgen um Tee. Sollte es aber Tee gewesen sein, dann bitte ich sofort um Kaffee.«

Eines Abends irrte Gottfried Keller, wieder einmal schwer bezecht, zu nächtlicher Stunde orientierungslos durch die Zürcher Altstadt und fand den Weg nach Hause nicht mehr. Endlich traf er in den einsamen Gassen einen angesehenen Bürger und fragte ihn, ob er ihm sagen könne, wo der Stadtschreiber Keller wohnt. Der brave Mann schaute ihn erstaunt, irritiert und dann belustigt an: »Aber, Herr Stadtschreiber, der sind Sie doch selber.« Darauf brüllte Keller den Armen an: »Esel, das weiß ich selber auch. Ich habe dich nicht gefragt, wer ich bin, sondern wo meine Wohnung ist! «

Zu dem Dramatiker Otto Erich Hartleben (1864-1905) war ein junger Mann gekommen und hatte ihm einen Band mit seinen Gedichten dagelassen. Bald kam er wieder und erkundigte sich nach seiner Meinung. Hartleben erzählte: »Ach, wissen Sie, junger Mann, ich war zuerst Jurist und bin dann Schriftsteller geworden. Machen Sie’s umgekehrt!« 

Ein anderer Dramatiker, Frank Wedekind (1864-1918), war andauernd in Geldnöten. Als einmal der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand, bat er ihn höflich herein und sagte: »Bitte nehmen Sie Platz! — Das ist aber auch das einzige, was Sie hier nehmen können.«

Noch ein berühmter Dramatiker, Georg Kaiser (1878-1945). Er formulierte: »Der schönste Tod des Autors: vom Vorschuss des Verlegers niedergestreckt zu werden.«

Anderer möglicher Tod: auf der Straße. Lion Feuchtwanger (1884-1958) verkaufte erfolgreich seine Romane und kaufte sich ein Auto davon. Bei der ersten Fahrt in den Grunewald versagte das Steuer, der Wagen prallte an einen Baum, doch Feuchtwanger wurde nur leicht verletzt. »So«, murmelte er, »das ging ja gerade nochmal gut. Aber wie halte ich den Wagen an, wenn nun gerade mal kein Baum da ist?«

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