Anekdoten von Musikern

Musiker-Anekdoten heute, aber ohne Beethoven, denn den hatten wir schon. Von Musikern gibt es weniger Beispiele, da ihre Sprache eine andere ist (die jedoch weltweit verstanden wird). Sie sind auch — denken wir uns — eher in anderen Sphären, da man die Töne ja nicht berühren kann; man hört sie im Kopf. (Darum konnte Beethoven auch später, als Tauber, noch komponieren.)

Johann Sebastian Bach (1685-1750) erhielt 1723 das Kantorat der Thomasschule in Leipzig. Für die, die zu wählen hatten, gehörte Bach als Bewerber nur zur zweiten Garnitur. Es hieß damals, da man den Besten nicht hat haben können, habe man sich eben entschlossen, den Mittleren zu nehmen. Durch Bach erhielt dann die Leipziger Thomaskirche ihren Weltruf als deutsche Pflegestätte vokaler Musik.

Als Giovanni Meyerbeer (1791-1864) starb, komponierte sein Neffe einen Trauermarsch für das Begräbnis seines Onkels. Da der junge Mann aich seines Talents selber nicht so sicher war, spielte er das Werk zuerst Gioachino Rossini (1792-1868) vor. Der hörte sich die Sache an und meinte dann trocken: »Mir scheint, Verehrtester, es wäre besser gewesen, wenn Sie gestorben wären und Ihr Onkel den Trauermarsch komponiert hätte.«

Rossini hörte sich einmal Franz Liszt bei einem Klavierabend in Paris an. Ein Freund fragte ihn in der Pause: »Wir gefällt dir Liszt?« — »Ich weiß es nicht«, antwortete Rossini, »er spielt so schnell, dass ich ihm gar nicht folgen kann.«

330px-Anton_brucknerAnton Bruckner (1824-1965) war in Gesellschaft scheu — und wenn Frauen da waren, noch scheuer. Oft sagte er den ganzen Abend kein Wort, wenn bei einer Gesellschaft eine Dame neben ihm saß, und wenn er etwas sagte, konnte er in seiner Arglosigkeit peinliche Situationen provozieren. Vielleicht schrieb er deshalb viele schriftliche Heiratsanträge, vor allem an Frauen um die 20, die ihm jedoch alle absagten. (Wikipedia) Einmal war es wieder einmal geschehen, dass sich seine Tischnachbarin von Bruckner vernachlässigt fühlte. Nach mehreren Stunden des Schweigens von Seiten des Komponisten meinte die Dame schließlich:
»Ihretwegen habe ich mich besonders schön angezogen, Herr Bruckner, und jetzt sagen Sie kein Wort!«
Bruckner erschrak, und durchaus nicht in der Absicht, einen schlüpfrigen Scherz zu machen, antwortete er:
»Mein Gott, von mir aus hätten S‘ sich gar nix anziehen müssen!«

Sind Musiker wirklich so oft zerstreut? Für Frauen scheinen sie aber etwas übrig zu haben. Kein Wunder, sie sind ja Männer. Wo sind die Komponistinnen? Abwesend. Die Welt der Anekdoten ist eine Männerwelt. Man weiß aber, dass es viele geistreiche und witzige Frauen gab. Ich werde mich einmal auf die Suche machen, gezielt Frauen vorzustellen … etwa aus einem Oxford-Band mit Geschichten über Wissenschaftler, unter denen auch die eine oder andere Frau Platz hat.

390px-Hans_von_BülowMusiker jetzt: Hans von Bülow (1839-1894), berühmter Pianist. Ein Freund, der Bülow besuchte, entdeckte auf dem Schreibtisch des Musikers das Porträt der anmutigen Wiener Tänzerin Cerale mit einer Widmung. »Lieben Sie den Tanz, Bülow?« wunderte sich der Gast. »Oh ja«, erwiderte Bülow lächelnd. »Ich bin ein aufrichtiger Bewunderer des Fräulein Cerale. Sie ist die einzige an der Oper, die nicht falsch singt!« (So, links,  sah er aus, der Bülow, der auch Dirigent war. Ganz schön hässlich.)

Da muss nun folgende witzige Geschichte hin:
Bei der Probe zu seiner Oper »Iphigenie in Aulis« machte einer der Sänger auf Christoph Willibald Gluck einen besonders mäßigen Eindruck, und zwar Larrivée, der Sänger des Agamemnon. Dieser wusste den Komponisten zu beruhigen: »Warten Sie nur, bis mein Kostüm da ist, dann werden Sie mich nicht wiedererkennen!« Die Generalprobe begann, Agamemnon hob in prachtvollem Kostüm zu seiner ersten Arie an, da rief Gluck aus dem Parkett: »Larrivée, ich erkenne Sie!«

Bülow, der Pianist, muss gelobt werden. Er war ein wenig stolz, und das ertrug der König nicht und strich ihn von der Liste königlicher Pianisten. Da ließ sich Hans von Bülow Visitenkarten drucken, auf denen stand: »Dr. Hans von Bülow, Pianist seiner Majestät des deutschen Volkes.« Und zwei Zwischenfälle: Bülow rennt, ums Eck biegend, einen dicken Mann fast um. Der faucht: »Esel!« Bülow lächelt, lüftet seinen Zylinder und erwidert: »Bülow.« Auf der Straße kommt ein junger Mann auf ihn zu und ruft: »Guten Morgen, Herr von Bülow, ich wette, Sie erinnern sich gar nicht mehr an mich!« Mürrisch dreht Bülow sich um, mustert den taktlosen Menschen von oben bis unten, sagt knapp:
»Sie haben die Wette gewonnen« und eilt weiter. 

Und etwas Kühles zum Schluss (Brahms war Hamburger).
Ein Freund und Bewunderer fragte Johannes Brahms (1833-1897) einmal sinnend, als beide vor dem Hause Karlsgasse 4 in Wien standen, das Brahms lange bewohnt hat. »Was wird wohl einst auf der Tafel stehen, die man Ihnen zu Ehren hier oben anbringen wird?«
Brahms entgegnete lakonisch: »Wohnung zu vermieten.« 

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