Zukunft

In zwei Wochen ist Landtagswahl in Baden-Württemberg. Mehr als die Plakate am Straßenrand kriege ich nicht davon mit. Doch das reicht schon, will mir scheinen.

Alles habe ich irgendwann schon gesagt. Im Westen nichts Neues. Zukunft leben will ein CDU-Kandidat, und auch einer der Liberalen schwärmt von der Zukunft und stellt sich als Macher dar. Die SPD dagegen betont das Jetzt: Jetzt Probleme anpacken! Die Grünen meinen: Wohlstand und Arbeitsplätze sichern. Könnte von der CDU sein, aber die würden sich scheuen, den Wohlstand zu nennen, denn der versteht sich wohl von selbst. Man merkt, wie schwer es den Grünen fällt, sich als normale Partei zu verkaufen (wie schrecklich doch; eine normale Partei sein heißt: ein Laden voll mit adrenalingetränkten Karrieristen zu sein, die den Leuten alles versprechen, um einen Listenplatz zu ergattern), doch sie machen Fortschritte. »Schaff das beste Klima für deine Zukunft« steht auf einem der Grünen-Flugblätter.

Die Zukunft, ja. Alle reden davon. Coffee for the future – Alu-freie Verpackung. Auch die Baufirma sagt Zukunft leben. In Freiburg gibt es ein Projekt, da kann man an Leute Briefe schreiben, die dann in 100 Jahren zugestellt werden. An die künftigen Bewohner meines Hauses … Was würde man ihnen mitteilen wollen? Dieses Kunstprojekt öffnet einem den Blick in eine Zeit, in der man nicht mehr da sein wird, aber fraglich, ob die Teilnehmer das richtig begreifen (wollen).

Zukunft ist eine Leerformel, weil einem sonst nichts anderes einfällt. Alle scheinen sich darauf geeinigt zu haben, die Zukunft im Mund zu führen, die große Projektionsfläche, die in der Ferne liegt, die eine nahe Zukunft sein kann und werden könnte, wie man sie sich wünscht. Das gehört zum Projekt der linearen Zeit in der westlichen Moderne, doch ist nicht alles zyklisch? Die Tage werden länger und dann wieder kü+rzer, es wird wärmer, dann wieder kälter, die Infektionsinzidenz steigt und sinkt, es gibt nichts Neues unter der Sonne.

Die Christlich Demokratische Union will sie leben, die Zukunft. Das passt zum noch im Namen fortwesenden C, denn die christlichen Kirche leben ja seit 2000 Jahren im Hinblick auf ein himmlisches Jerusalem, weshalb der Bolschewismus für sie so eine gefährliche Konkurrenz war: Er wollte auch eine leuchtende Zukunft, die Diktatur des Proletariats.

Klar, die Freien Demokraten sind fürs Machen, nicht fürs Reden. Das kennen wir aber auch seit Jahrzehnten. Sogar in Italien, dem Land der vielen Verprechungen und des unausgesetzten Redens, preist sich der Politiker als der pragmatische Macher an. Aber wäre es nicht an der Zeit, weniger zu machen und gründlicher nachzudenken?

 

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