Erinnerungen und Weiterleben

Beim Stöbern in alten Papieren stieß ich auf eine Kopie aus einem Buch von David Fontana (1934-2010), und angestrichen war eine wichtige Stelle. Sie ist vermutlich aus dem Buch Is There An Afterlife? (2005). Wer mit alten und dementen Menschen zu tun hat, fragt sich unwillkürlich, wie sie im Jenseits zurechtkommen werden. Professor Fontana hat Antworten.

Aus dem Kapitel Memories of Earthlife (Erinnerungen aus dem Erdenleben):

Zweifelsohne ist das Gedächtnis ein entscheidender Teil unserer Identität. Daher müssen wir annehmen, dass, wenn das Weiterleben eine Realität ist, den Verstorbenen ein gewisser Kern von Fakten bleibt, der ihnen hilft, sich selbst zu kennen, auch wenn andere Fakten ihnen allmählich entschwinden. Wenn sie einmal den Prozess der Beurteilung ihres Lebens hinter sich und die Lektionen gelernt haben, die ihre Vergangenheit ihnen bereitstellte, ist es jedenfalls zweifelhaft, ob viele »irdische« Erinnerungen danach eine Rolle bei der Weiterentwicklung des Geistes spielen werden. (…)

Was aber ist mit jenen Menschen, die bei ihrem Aufenthalt auf Erden ihre Erinnerungen verloren haben, weil sie einen Unfall erlitten oder an Alzheimer erkrankten? Wenn sie vor dem Tod kein funktionierendes Gedächtnis mehr hatten, wie können sie dann irgendwelche Erinnerungen in die nächste Welt hinüberretten? Um diese Frage beantworten zu können, müssten wir mehr über die Wirkungsweise des Gedächtnisses wissen. Uns ist bekannt, dass gewisse Areale des Gehirns beim  Speichern von Erinnerungen aktiver sind als andere, und ferner wissen wir, dass das Gedächtnis, sollten jene Areale verletzt sein, nach einer Amnesie langsam zurückkehren kann.

Bedeutet das, dass das Gedächtnis auch anderswo im Gehirn zu suchen ist, vielleicht über das ganze Gehirn verteilt? Oder ist es ein Hinweis darauf, dass ― falls der Geist eher durch das Gehirn arbeitet, als von diesem erzeugt zu werden ― das Gedächtnis nicht allein im Gehirn zu suchen ist? Pam Reynolds, die eine Nahtod-Erfahrung machte, berichtete, dass sie, nachdem sie wieder zu Bewusstsein kam, einiges davon wiedergeben konnte, was während ihrer Gehirnoperation geschehen war, obwohl sie während dieser Zeit keine messbaren Gehirnströme gehabt hatte.

Wo und wie waren die betreffenden Erinnerungen gespeichert worden? Wohl kaum in einem Gehirn, das von medizinischer Seite ausgeschaltet worden war. Die Tatsache, dass sie dennoch irgendwo aufgezeichnet wurden, deutet auf die Möglichkeit hin, dass sie, während sie außerhalb ihres Körpers war, nicht nur Bewusstsein hatte, sondern auch die Fähigkeit, sich an das zu erinnern, was im Operationssaal geschehen war.

Wenn das der Fall sein sollte, dann mag es auch vorkommen, dass eine durch eine Gehirnverletzung bewusstlose Person oder eine, die an der Alzheimer-Demenz leidet, auf einer Ebene außerhalb des Gehirns bewusst ist, auch wenn sie uns von diesem Bewusstsein nichts mitteilen kann (etwa so, wie das Fernsehbild nicht zu uns kommen kann, wenn das Gerät beschädigt ist).

Um diese Möglichkeit zu untersuchen, habe ich Krankenpflegerinnen interviewt, die mit bewusstlosen Patienten arbeiten, und sie versicherten mir, dass diese nach ihrem Erwachen manchmal Details von Vorkommnissen erzählten, die sich um ihr Bett herum abgespielt hatten, während sie auf keinerlei medizinische Tests ansprachen, die ermitteln sollten, ob der Patient bewusst war. Wo war das Bewusstsein, das ihnen gestattete, diese Details zu registrieren und zu erinnern, während sie der Außenwelt gegenüber taub und blind waren? Befand es sich außerhalb des Gehirns?

Wir haben natürlich keinen Anhaltspunkt, um herauszufinden, wie Erinnerungen außerhalb des Gehirns aufbewahrt werden könnten, doch andererseits haben wir auch keine endgültige Erklärung, wie sie innerhalb des Gehirns aufbewahrt werden.  

 

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