Plastic People

Der Titel kam mir so in den Kopf. Es gibt ein Album der deutschen Band Birth Control von 1975, das so heißt, und um dieselbe Zeit waren die Plastic People of the Universe in der Tschechoslowakei aktiv. Deutschland erzeugt jedes Jahr 5 Millionen Tonnen Plastikmüll, von dem nur 15 Prozent wiederverwertet werden können (ich dachte, es seien 40 Prozent). 80 Prozent »exportieren« wir in andere Länder.

Unser Mietshaus hat 12 Parteien. Alle zwei Wochen stapeln sich draußen zwei Dutzend gelbe Säcke. Laut Statistk kann man 4 der Säcke wiederverwerten und zu neuem Plastik machen; 20 Säcke wandern ins Depot, dann in einen Eisenbahnwaggon, und werden vermutlich in der Nacht über Grenzen fortgebracht, und weiter mit Frachtschiffen und Flugzeugen dorthin geschickt, wo jemand Geld dafür nimmt und den Plastikdreck einlagert für die Ewigkeit. Ist zwar nicht so schlimm wie Atommüll, aber die Halbwertszeit ist dennoch hoch.

Müllhalde außerhalb von Bagheria, Sizilien (Mai 2014)

Müllhalde außerhalb von Bagheria, Sizilien (Mai 2014)

 

Plastic Planet hieß ein Film von Werner Boote, der 2009 herauskam. Er zeigte, wie Plastikmüll in der marokkanischen Sahara und in Kampala, der Hauptstadt von Kampala landet. Seither sind wieder 12 Jahre vergangen, und Deutschland hat weitere 60 Millionen Tonnen produziert und arme Länder mit 45 Millionen davon beglückt. Millionen Tonnen schwimmen auch im Meer.

Feinste Plastikpartikel nehmen wir mit der Nahrung auf. Wird uns sicher nicht guttun. Könnte für Krankheiten sorgen, und ich frage mich, ob nicht deshalb so viele Menschen dement werden. Der ganze Wahnsinn: 80 Gramm (drei Scheiben Bierschinken) in Plastikfolie. Alles in Plastik. Essig in Plastikflaschen. Nein, da weigere ich mich. Lieber kaufe ich Glas. Nur 7 Prozent der Plastiktüten wird recycelt.

In Staufen steht am Ortsrand eine Plastikfabrik. Man sieht sie von der Tankstelle aus. Der Pächter sagt: »Die stellen Plastikfolien her, Coca-Cola verschweißt seine Flaschen damit, und wir schmeißen die Folien wieder weg.« So ist der idiotische Kreislauf.Wenn die Folien dann wenigstens außerhalb von Atlanta, Georgia, in der Wüste landen würden, Millionen Säcke davon (Hauptquartier von Coca-Cola: 1 Coca-Cola Plaza, 30313 Atlanta), dass die Bosse etwas begreifen. Warum muss man sechs kleine Cola-Flaschen in Plastikfolie stecken? Warum sind es überhaupt Plastikflaschen? Wie edel war doch die schlanke Cola im Glas!

Kekse sind aufwendigst in Plastik verpackt. Alles ist in Plastik verpackt. Plastik ist billig, leicht und geschmacksneutral. Es hilft den Produzenten, und auch die Konsumenten tragen weniger Kilogramm heim, doch dann fällt das Plastik der Welt zur Last. (Was mit Umwelt gemeint ist, versteht man manchmal nicht: Die Welt ist gemeint!) Das ist den Leuten egal. Sie knallen sich alles unterschiedslos in den Einkaufswagen. Die nächsten Generationen müssen die Welt mal neu betrachten und schauen, wie man diese Scheiße wiederverwerten kann. Warum besteuert eigentlich die Politik Plastik nicht so hoch, dass man davon Abstand nimmt?

Finale: ein Slogan vom Kongress über faires Handeln in Stuttgart 2020. Gelungen: Es gibt keinen Plan(eten) B!

2021-04-28-0001

 

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