Krematorium Südbaden

Ein bißchen spät kommt dieser Beitrag, das war ja alles noch im April, aber ich denke, das Krematorium Südbaden wird weiterhin im Gewerbegebiet Eschbach stehen und sein Prozedere beibehalten haben. In einem Saal steht der Sarg, von Kerzen umgeben, und dann kommt der Arbeiter, dirigiert ihn auf Rollen durch einen Saal vor eine Tür und hinein in die Öffnung mit dem Höllenfeuer. Dauer: 45 Minuten.

Im dreiseitigen Flugblatt mit Kurzinfo lesen wir:

Wir fühlen uns stark mit Baden verbunden und legen deshalb größten Wert auf Nachhaltigkeit:
Nutzung von Ökostrom aus der Region
Verwendung von ökologischen Aschekapseln
Co2 Ausstoß bei Stromverbrauch auf 0 reduziert
Optimale Filteranlage
Energieeinsparung durch modernste Anlagensteuerung
Digitale Arbeitsprozesse.

Digitale Arbeitsprozesse heißt: Der Arbeiter drückt auf einen Knopf, und ein Mechanismus bewegt sich. Digitalis heißt auf Lateinisch »zum Finger gehörig«. Aber nun die Preisfrage: Warum hält es ein Krematorium für nötig, auf sein umweltfreundliches Vorgehen hinzuweisen? Klar, da steigt Rauch auf, die Luft wird sozusagen verschmutzt, aber da es um Menschen und die Pietät geht, würde man hier nicht unbedingt den Umweltgedanken erwarten wollen. Was treibt die Betreiber also an, uns das ungefragt zu servieren? Denken sie, dass wir nun ausrufen: Bravo! Nachhaltige Verbrennung von Leichen!

Ist der Umweltschutzgedanke keine Ideologie, so ist er nahe dran. Die Firmen fühlen sich nicht nur bemüßigt, ihre Umweltfreundlichkeit darzustellen, nein, sie fühlen sich dazu gezwungen. (Vielleicht werden sie sogar durch Gesetze dazu gezwungen.) Es kommt einem jedenfalls penetrant vor, wie jeder Kleinunternehmer sein nachhaltiges Vorgehen anpreist. Das sind alles Lippenbekenntnisse, das ist alles Heuchelei.

Die harten Maßnahmen wegen des Virus dienten dazu, Leben zu retten. Das Leben ist allen kostbar. Und wir haben nur das eine, meinen alle. (Hätte ich vor dem Arbeiter das Wort Seele ausgesprochen, hätte ich einen leeren Blick geerntet.) Ich würde mir mal ähnlich harte Maßnahmen zur Rettung des Planeten wünschen, richtig harte Maßnahmen. Doch davon kann man nur träumen.

Den meisten ist der Mitmensch egal, auf ihn können sie verzichten, sie haben ja Fernsehen und DVDs, aber auf ihren Rinderbraten und den Volkswagen Touareg und 14 Tage auf Malle verzichten sie höchst ungern. Müssen sie ja nicht, denn es geht ja voran, alle geben sich Mühe, und sogar die Oma wird umweltschonend verbrannt.

 

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