Big Brother

Vor einer Woche fuhr ich nach der Arbeit noch mit dem Rennrad aus: das Rheintal entlang, links etwas über die Berge und über Badenweiler wieder zurück. Drei Stunden bei Sonne und heftigem Wind. 4 Kilometer vor Badenweiler krächzte mein altes Handy, offenbar eine Mitteilung; und dann stöhnte es noch zwei Mal. Die erste Meldung, von der Telekom, hieß: Willkommen in Frankreich!

Das wäre mir neu, dass das Stück von Kandern nach Badenweiler in Frankreich liegt. Aber solche Irrtümer sind häufig. Vielleicht schießt der französische Anbieter ein paar Strahlen über den Rhein, und da man weit oben fährt, kriegt man sie ab. Was sagten die anderen beiden Botschaften?

DSCN1298Die Bundesregierung: Willkommen/Welcome! Bitte beachten Sie die Test-/Quarantäneregeln: please follow the rules on tests/quarantine: https://bmg.bund.de/covid 19
xxx Ende xxx

Das kam nicht von der Telekom, sondern direkt von der Staatsmacht. Sie denkt, du seist in Frankreich gewesen und macht dir Druck oder angst. So ist das heute, Leute! Euer Smartphone zeigt immer, wo ihr seid. Big Brother kriegt das mit. Kein Smartphone zu haben, ist heute fast ein revolutionärer Akt gegen die Bespitzelung. Oder man lässt es ausgeschaltet. Die Meldung hatte ich schon einmal: Als ich meinen Privatstrand aufsuchte, der zwischen dem Altrhein und dem Rhein-Kanal liegt. Das ist Niemandsland, da wohnt kein Mensch; aber strenggenommen ist es schon Frankreich, man war also drin, wenn auch nur eine Stunde lang.

Dann war diese Bundesnotbremse, und wieder denkt man sich: Den Demokratie-Test haben sie nicht bestanden, die Politiker. Dass sich nur eine Person aus einem Haushalt mit einem anderen treffen darf, dieser Eingriff in die Persönlichkeitsrechte war überflüssig und erbärmlich. Die Bürger haben ja Verständnis dafür, dass die Intensivstationen geschont werden müssen und dass die Krankheit gestoppt wird. Man hätte ihnen etwas Kredit, ihnen etwas Verantwortung zubilligen können.

DSCN2134Ein Glück, dass kontaktloser Individualsport erlaubt ist, einzeln betrieben. Auf meiner Tour hatte ich einmal einen Polizeiwagen hinter mir, und die Beamten konnten meinen siegreichen Spurt oberhalb von Laufen miterleben. Überhaupt ist viel Polizei auf den Straßen. (Aber vielleicht ist es immer derselbe Wagen, hier haben sie vielleicht nur einen.)

Nun wissen wir, was das für ein Staat ist (nicht nur dieser, sondern viele andere auch): ein regelungswütiger Verwaltungsstaat, und fast denkt man, die Leute hätten darauf gewartet und sich gefreut, sich endlich in den Staub werfen und andere anherrschen zu dürfen, die die Regeln missachten. Man musste den Besuch von Fußballspielen, von Kinos und Theatern verbieten, aber harmlose private Treffen?? Eine Ausgangssperre wie im Krieg? Hey, wo sind wir denn? (Frankreich ist ja auch nicht besser. War auch immer ein autoritärer Staat). Hoffentlich bekommen die Veranwortlichen bei der nächsten Wahl in vier Monaten den Denkzettel dafür.

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.