Der Psi-Dachverband tagt

Es trifft sich gut, dass die Parapsychological Association (PA), der internationale Psi-Dachverband, heute und an diesem Wochenende in Durham (US-Bundesstaat North-Carolina) tagt. Das ist ja mein Gebiet! Die PA, wie sie alle nennen (Pii-Eii gesprochen), wurde 1957 gegründet, in meinem Geburtsjahr. Und da sie brav jedes Jahr ihre Konferenz veranstaltete, ist das die 55-ste. Ist ja auch mein Alter. Damit wäre schon einiges geklärt. 

Ich habe mir das Tagungsprogramm angeschaut, und es hat meine Befürchtungen bestätigt. Ich halte die Parapsychologen für skeptisch und übervorsichtig. Sie klammern sich ängstlich an die Psychologie und brillieren mit Statistiken und quantitativen Studien und Powerpoint-Präsentationen wie alle Wissenschaftler. 

Das Problem ist, dass die Parapsychologie von der scientific community ernst genommen werden möchte. Die Psi-Vertreter sind darum manchmal päpstlicher als der Papst. Sie verkleiden sich gern als Soziologen und Psychologen und rühmen ihre Methodik. Natürlich ist ihr Leben nicht leicht; die Forschungsgelder sind nicht üppig und die Karrierechancen gering. Es mag weltweit vielleicht 300 ernsthafte Vollzeit-Parapsychologen geben.

Ein guter Parapsychologe: mein Bekannter Erlendur Haraldsson aus Island, bei einem Vortrag in Freiburg (2009)

1969 wurde die PA in die Wissenschaftsorganisation American Association for the Advancement of Science (AAAS) aufgenommen. Triumph! Aber Angriffe kamen: »Werft die ›Pseudos‹ aus der Wissenschaft hinaus!« Auch heute noch wird ein Physik-Nobelpreisträger wie Brian Josephson, der an Psi glaubt, von seinen Kollegen geschnitten. Wer Jenseitsforschung betreibt, ist schon diskreditiert. Wer eigenständig denkt, hat im akademischen Milieu nichts verloren.   

In Durham wirkte an der dortigen Duke University ab 1935 Joseph Banks Rhine (1895-1980) in seinem eigenen Labor, dessen Buch Extra-sensorial perception ein Meilenstein wurde. Er regte die Gründung des Dachverbands an. Das Leben dieses großen US-Parapsychologen wird in der deutschen Wikipedia auf sieben Zeilen abgehandelt (in der US-Version sind es 70); die Biografien zweitrangiger Rockgruppen kommen leicht auf das Hundertfache. Wikipedia ist da ebenso einäugig wie der gemeine Journalist, der blind aus allen Rohren auf alles schießt, was paranormal klingt. 

Heute, am Freitag, erzählt der 80-jährige Stanley Krippner, ein großer Mann im Feld, wie der dieses Jahr verstorbene William G. Roll (geboren 1926) »den Geist aus dem Poltergeist nahm«. Stimmt leider. Bill Roll hat 1957 seinen ersten Poltergeist-Fall untersucht und bei einem Vortrag in Freiburg 1999, den ich miterlebte, gesagt: »Die Energie ist menschliche Energie.« Parapsychologen wollen mit dem Jenseits so wenig wie möglich zu tun haben.

Bill hat 1957 seinen ersten Poltergeist-Fall untersucht und war immer überzeugt, dass ein labiler Mensch die Phänomene auslöst – wie auch Walter von Lucadou, an dessen Buch Geister sind auch nur Menschen (ein programmatischer Titel, war 1997 leider mein Einfall) ich mitschrieb. Heute glaube ich an erdgebundene Geister, und David Fontana hat in einem Buch erzählt, wie er in ein Spukhaus kam, spaßeshalber Steinchen in eine leere Ecke warf — und sie flogen zurück, immer wieder! Dafür war ein Junge verantwortlich, der in der Nähe ums Leben gekommen war und spukte.    

Dann gibt es in Durham Vorträge über den Unterschied zwischen ›gesunder und ungesunder Anomalie-Erlebens-Tendenz‹ und über ›klinische Antworten auf Adult Subjective Paranormal Experiences‹. In diesem schwerflüssigen Begriff schwingt schon mit, dass man Psi-Erfahrungen für eigene Konstrukte hält. Früher hat man das Phänomen studiert, heute studiert man die Menschen, die Phänomene erleben.   

Auf dem Münchner Oktoberfest. In der Parapsychologie: kein Platz für Geister

Ich liebe die genial-verrückten Einzelkämpfer: die Leute, die alles für möglich halten und nicht gleich den Daumen senken. Ihnen widme ich meinen Blog. Sie haben am ehesten Spirituelle Wissenschaft betrieben, wie ich es nennen will. Tom Harrison, von dem bald einmal die Rede sein wird, hat mich mit seiner Spiritual Science darauf gebracht. Das wäre eine Forschungsrichtung, die die unsichtbare Welt und höhere Mächte mit einbezieht, die sich für das Wohl der Menschen einsetzt, um eine bessere Welt zu erreichen. Das ist mein programmatisches statement aus der Provinz. 

Jetzt bin ich gestresst. Ist ja erst der zweite Artikel, und noch schicke ich das nicht leichthin in die Welt hinaus. In einer Woche sieht das anders aus!              

 

 

  

Ein Kommentar zu “Der Psi-Dachverband tagt”

  1. Rolf Hannes

    Lieber Manfred,
    nimm‘s mit Gleichmut. Nicht allen wird das gefallen, was sie hier bei Dir erfahren. Auch mir nicht, wie ich mich kenne. Für mich wird ein Kriterium sein, ob Deine Übersinnlichkeit, die ich ja leichtfertig als kleingläubiger Rheinländer Spökenkiekerei nenne, zur Selbstreflexion fähig ist. Ich meine, offen ist für Ironie. Und Humor. Humor soll ja der Saft der Seele sein, heißt es. Und die Seele laß ich mir nicht ausreden, soweit bin ich bei Dir.
    Noch was: Im vorletzten Päckchen vor der Geisterbahn muß es heißen: ein Spukhaus.
    Bis bald
    Rolf