Asche und Diamant

Ein Jahr nachdem ich den Film Der Kanal gesehen hatte, gab es wieder einen Abend, an dem ich spontan einen Film von Andrzej Wajda (1926-2017) aussuchte: Asche und Diamant. Vermutlich war es genau ein Jahr später. Komisch. Ich dachte, den Kanal hätte ich gerade gesehen! (So ist das, wenn man zwei Ereignisse aneinanderklebt und alles dazwischen vergisst.) Wajda. Er bekam 2016 den Oscar für sein Lebenswerk.

Der Film ist Wajdas dritter, der Kanal war der zweite, und den ersten, Eine Generation, haben wir morgen. Asche und Diamant spielt am letzten Kriegstag 1945 und wurde 1958 gedreht, und das sieht man. Er atmet den Geist der künstlerischen Produktionen der Nachkriegszeit: existenzialistisch, versteckt romantisch, hoffnungslos. Man denkt an die Filme von Pier Paolo Pasolini, die er in der Vorstadt Roms drehte, den borgate, und Accattone von 1961 sollte man einmal sehen, dieser Film ist schlicht und trist und schonungslos.

R.661d4c31b6f6f6ddbd726cceec3dff6fJeder sieht, dass Zbigniew Cybulski mit seiner dunklen Brille, der den Maciek verkörpert, ein James-Dean-Typ ist, gutaussehend und verführerisch, aber auch verstrickt ins Böse. Solch ein Film kann nicht gut enden. Cybulski wurde auch der James Dean Polens genannt. Dean wurde 1931 geboren und starb 1955 im Wrack seines Porsche 956 Turbo; der Schauspieler und Regisseur Cybulski wurde auch nicht alt, 40 Jahre: Er starb 1967, als er in Breslau auf einen fahrenden Zug aufspringen wollte.

Übrigens hatte ich in dem Beitrag Facel Vega und Jaguar etwas von ihm angedeutet, aber man kann ihn dazu lesen, da James Dean erwähnt wird.

Maciek hat mit dem stahlharten Andrzej gegen die Nazis gekämpft, und nun wendet sich die Widerstandsgruppe gegen die russischen Kommunisten. Am Anfang des Films sollen die beiden einen Funktionär, Szczuka, erschießen, doch durch einen Irrtum töten sie zwei Arbeiter einer Fabrik. In der Stadt, in einem Hotel, gibt es eine weitere Chance, da Szczuka dort ein Zimmer nimmt. Dieser wird sympathisch geschildert; er hat gute Pläne für die Zeit nach dem Krieg und Probleme mit seinem Sohn, der in den Untergrund gegangen ist.

OIP.RW_9Az5kPPltOtppBwfYBgHaEKIn der Bar des Hotels wird getrunken, Maciek beginnt an dem Plan zu zweifeln: Ob es wirklich nötig sei, Szczuka zu erledigen? Andrzej bleibt unerbittlich, und Maciek verspricht die Tat und will ihn danach begleiten. Die Barfrau gefällt ihm, er flirtet mit ihr und lädt sie einfach in sein Zimmer ein — und Krystyna kommt tatsächlich. Am nächsten Morgen gehen sie im Regen spazieren, dabei: schwere Dialoge. Maciek deutet seine Lage an und sagt, er könne unter Umständen sein Leben ändern, denn jetzt habe er die Liebe entdeckt; jetzt sei alles anders.

In der Krypta einer verfallenen Kirche zitiert er aus dem Gedicht Asche und Diamant des polnischen Lyrikers Norwid, gibt sich verliebt, doch alle Zeichen deuten auf Tod: Da stehen zwei Särge, und in ihnen liegen die beiden unschulkdigen Opfer, die Maciek erschossen hat; draußen strolcht ein Schimmel umher und lässt sich streicheln, und das weiße Pferd ist immer ein Todessymbol, wir denken an die letzte Szene von Unter dem Vulkan von John Houston, als im strömenden Regen das weiße Pferd den Konsul und seine Frau attackiert, die beide sterben werden.

Maciek wandert unschlüssig umher, da läuft ihm Szczuka in die Arme, und er erschießt ihn. Eine Sekunde danach geht ein Feuerwerk los zur Feier der deutschen Kapitulation. Krystyna fragt ihn: Hast du dein Leben ändern können? Maciek: Nein. — Draußen, auf dem Weg zum Lastwagen Andrzejs, verfolgt eine Patrouillle Maciek, und Kugeln treffen ihn. Auf einer Müllkippe verendet er qualvoll, wie ein Tier.

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