Falsche Bewegung? (III) Heilung

Geist und Körper gehören zusammen. Kürzlich war ich traurig. In meiner Wohnung war es etwas kalt, und ich erkältete mich; mein Immunsystem war nicht auf der Höhe. Einmal schrieb mir ein Verlag, mein Roman würde verschoben und erst in einem Jahr erscheinen. 30 Sekunden später hatte ich eine Erkältung. Das ist auch Psychokinese; der Körper reagiert auf den Geist. Nun Teil III meines Essays: nicht über Erkrankung; über Heilung.  

Heilungen und Placebo-ähnliche Wirkungen fallen auch unter die Psychokinese (PK). Da gibt es die lehrreiche Geschichte von Mr Wright, über den der Psychologe Bruno Klopfer berichtete. Wright litt unter Lymphknotenkrebs und hatte Tumoren von der Größe von Orangen. Er schaffte es, dass sein Arzt ihm ein neues Medikament injizierte, von dem er Unglaubliches gehört hatte. Bald waren die Geschwüre, schrieb Klopfer, »wie Schneebälle auf einer heißen Herdplatte geschmolzen«. Zehn Tage nach der Behandlung schien er geheilt.  

Leider las Mr Wright einen Artikel, der das neue Medikament als wirkungslos bei Lymphknotenkrebs bezeichnete. Er erlitt einen Rückfall. Der Arzt dachte nach. Das Medikament habe beim Transport Schaden genommen, sagte er und spritzte dem Kranken reines Wasser ein. Wiederum schwanden die Tumoren dahin. Sieg! Bis dann die American Medical Association bekanntgab, eine landesweite Studie mit dem Medikament habe ergeben, dass es für die Krebsbekämpfung »völlig untauglich« sei. Man sollte nicht zuviel lesen! Zwei Tage später war Mr Wright tot. 

Andererseits gibt es den Fall eines an Kehlkopfkrebs erkrankten 65-jährigen japanischen Kirchenmitarbeiters, der nach einem Lob und einer Ermutigung seines Präsidenten überraschend gesund wurde. 1975 hatten der Professor und Arzt Yujiro Ikemi und seine Kollegen von der medizinischen Fakultät der Kyushu Universität diesen Fall unter fünfen von spontaner Rückbildung von Krebs erwähnt.

Resonanz, Einklang, Tao, Demut

Des Japaners Fall zeigt, wie der amerikanische Autor Larry Dossey meint, »ein paradoxes Thema, das sich durch alle von Ikemi berichteten Beispiele hindurchzieht: Oftmals geht der Heilung eine besinnliche, gebetsähnliche Haltung  der Ergebenheit und der Annahme voraus, nicht das kraftvolle, aggressive Gebet für bestimmte Resultate, einschließlich der Ausmerzung des Krebses.«   

Tao ist das, was man nicht benennen kann. Den glückhaften Zustand muss man haben, als hätte man ihn nicht. Man darf sogar nicht damit rechnen, mit irgendeiner Taktik zum Ziel zu kommen, das trifft eigentlich auf alle Psi-Phänomene zu. Man muss sie zulassen und kann sie nicht erzwingen. Sie sind eine Gnade, ein Geschenk, von woher auch immer. Nur passen Hingabe und Ergebenheit nicht in eine Gesellschaft, in der stets stolz bekundet wird, jemand habe »den Krebs besiegt«. Dossey: »Spiritualität zu einem bestimmten Zweck zu benutzen wäre ein Widerspruch in sich, ein heuchlerisches Unterfangen.« Oft zeigte sich in der Geschichte, dass Heiler ihre Gabe verloren, wenn sie zu sehr dem Geld hinterher waren. Insofern stehen die Psi-Phänomene als unverlangbare, uneinklagbare schöne Zugaben quer in einer Gesellschaft, die auf Kalkül, Einsatz und Verdienst beruht.  

Der amerikanische Philosoph Stephen E. Braude schrieb 1979, es gebe Belege dafür, dass Menschen bei Psychokinese-Experimenten am besten abschnitten, wenn sie »nicht aktiv versuchen, das experimentelle Resultat zu beeinflussen (passiver Wille; wollen, aber nicht etwas hinkriegen wollen)«. Für Robert Jahn und Brenda Dunne in Princeton setzt PK einen Austausch von Informationen zwischen Bewusstsein und Materie voraus, den man sich nicht so sehr als einen Fluß, sondern als eine ‚Resonanz’ zwischen beiden vorstellen sollte.

»Der am häufigsten genannte erfolgreiche Faktor war das Bestreben, einen ‚Einklang’ mit dem Gerät herzustellen«, heißt es auch bei Michael Talbot. Ein griechischer »Feuertänzer« erläuterte einmal: »Wenn dich die Heiligen rufen, damit du ins Feuer gehst, dann denkst du nicht, dass das Feuer dein Feind ist; du empfindest es, als wäre es dein Ehemann oder deine Frau. Du empfindest Liebe für das Feuer … Du gehst freudig ins Feuer.« Der veränderte Bewusstseinszustand beim Feuerlauf kann anscheinend den Körper beeinflussen und ihn schützen.

Alle spirituellen Disziplinen betonen Demut und Sensibilität; zielgerichtetes Tun und Machtwille stehen dem entgegen. Und der Begriff des »Feldes« hat seit langem die Vorstellung von einem Hin- und Herfliegen von unsichtbaren Teilchen abgelöst. Das ist es, was Walter von Lucadou meint mit »Verschränkungskorrelationen«: Mensch und Gerät schwingen im Einklang, und diese Resonanz verändert etwas,  hat Folgen. Signale schickt man zu etwas, was von uns entfernt ist; doch wenn der Mensch, dessen Gedanken ich weiß, in gewissem Sinne eins mit mir ist, ist kein Signal nötig. Auch der amerikanische Physiker David Bohm hat behauptet: »Bewusstsein und Materie ändern sich gemeinsam.«

William Braud, der Studien zu Gebetswirkung und Heilung durchgeführt hat, meinte, dass seine Ergebnisse auf eine »tiefe und innere Verbundenheit zwischen Menschen und auch zwischen Menschen und der ganzen belebten und unbelebten Natur« schließen lasse. Das passe zu den Aussagen von Mystikern und Poeten, etwa auch zu Henri Bergsons »ausgeweitetem Körper«, der unser Bewusstsein umfasse und bis zu den Sternen reiche.  

Auch die Schamanen reisen in Trance in Dimensionen, in denen andere Regeln herrschen. Holger Kalweit schrieb dazu in Traumzeit und innerer Raum: »Wie alle hier besprochenen schamanischen Bewußtseinsphänomene dokumentieren, liegt unter unserer scheinbar wohlfundierten Alltagsrealität ein Reich undifferenzierter Einheit, in dem unser Ego, einmal hineingeschleudert, seine Isoliertheit verliert und überall auf unverhoffte Wechselwirkungen, Synchronizitäten und Paradoxa stößt.«

 

 

 

 

 

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