Die Volksvertreter

Gestern waren also die Wahlen. Ich schreibe darüber fünf Wochen vorher und in der zweiten Vergangenheit: Die Wahlen werden gewesen sein. Da ich das schreibe, sehen die neusten Umfragen (entnommen der Bild am Sonntag!) CDU und SPD gleichauf, bei je 22 Prozent. Grün 17, FDP 13 Prozent. Fehlen immer noch 25 Prozent, in die sich die Rechten teilen werden. Jetzt wissen wir mehr. 

Zwei Wochen vor der Wahl stand die SPD bei 25 Prozent, die CDU bei 22 vor den Grünen und der FDP mit je 11 Prozent. Auch eine Woche davor war es so. Die Badische Zeitung schrieb klarer Vorsprung für die SPD, aber sind drei Prozent ein klarer Vorsprung?

Der Kanzler wird bald gewählt, vermutlich wird es Olaf Scholz. Laschet könnte es auch werden, das hängt von der Regierungsbildung ab, doch eigentlich ist es egal: Zwei weiße Männer Anfang sechszig sind im Rennen (beide jünger als ich), die ähnlich sozialisiert sind. Sie könnten Brüder sein oder Klone, jedenfalls sehen sie aus wie Leute, die nichts für Überraschungen übrig haben. Sie sind Berufspolitiker.

Das erste Nationalparlament in der Frankfurter Paulskirche 1848 wurde nach nicht mal einem Jahr aufgelöst, doch vorher, nach der Vaterländischen Zeit, gab es bereits die ersten Landtage. Der Dichter Ludwig Uhland (1787-1862) gehörte dem württembergischen Landtag von 1820 bis 1828 und von 1832 bis 1838 an. Damals muss er das Gedicht An die Volksvertreter geschrieben haben:

Schaffet fort am guten Werke
Mit Besonnenheit und Stärke!
Laßt euch nicht das Lob betören!
Laßt euch nicht den Tadel stören!

Tadeln euch die Überweisen,
Die um eigne Sonnen kreisen:
Haltet fester nur am echten,
Alterprobten einfach Rechten!

Höhnen euch die herzlos Kalten,
Die Erglühn für Torheit halten:
Brennet heißer nur und treuer
Von des edlen Eifers Feuer!

Schmähn euch jene, die zum Guten
Lautern Antrieb nie vermuten:
Zeigt in desto schönrer Klarheit
Reinen Sinn für Recht und Wahrheit!

Was ihr Treues uns erwiesen,
Sei von uns mit Dank gepriesen!
Was ihr ferner werdet bauen,
Sei erwartet mit Vertrauen!

Das ist so schön emphatisch unf optimistisch, das lassen wir so stehen.

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