Flugverkehr (128): Your Captain

Sagenhafte Bilder machte Giovanna von unserem Start in Roma-Fiumicino: diese Lichtnester am schwarzen Boden. Und kurz zuvor hatte der  Kapitän die übliche lakonische Anweisung gegeben: »Cabin Crew Ready for Takeoff.« Da fiel mir, der ich selten fliege, ein altes Ding ein: der Song From the Air von Laurie Anderson aus dem Album Big Science (1982).

Hier der Song auf Youtube.

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Und hier der Text (in meiner Übersetzung):

Guten Abend. Hier spricht Ihr Kapitän.
Wir versuchen nun eine Bruchlandung.
Bitte löschen sie alle Zigaretten aus.
Stellen Sie die Tische in die
aufrechte Position.
Ihr Kapitän sagt: Legen Sie Ihren Kopf auf die Knie.
Ihr Kapitän sagt: Legen Sie Ihren Kopf in die Hände.
Kapitän sagt: Legen Sie die Hände auf den Kopf.
Legen Sie Ihre Hände auf die Hüften. Heh heh.
Hier ist Ihr Kapitän — und wir gehen runter.
Wir gehen alle gemeinsam runter.
Und ich sagte Uh oh, das wird ein irrer Tag.
Standby. Das ist die Zeit.
Und das ist die Aufnahme der Zeit.
Das ist die Zeit. Und das ist die Aufnahme der Zeit.

Uh — hier ist Ihr Kapitän wieder.
Wisst ihr, ich habe das komische Gefühl, das hab ich alles
schon gesehen.
Warum? Weil ich ein Höhlenbewohner bin.
Warum? Weil ich im Hinterkopf Augen habe.
Warum? Es ist die Hitze. Standby.
Das ist die Zeit. Und das ist die Aufnahme der Zeit.
Das ist die Zeit. Und das ist die Aufnahme der Zeit.

Legen Sie Ihre Hände auf die Augen. Springen Sie aus dem Flugzeug.
Es gibt keinen Piloten. Sie sind nicht allein. Standby.
Das ist die Zeit. Und das ist die Aufnahme der Zeit.
Das ist die Zeit. Und das ist die Aufnahme der Zeit.

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Ein Laurie-Anderson-Fan erwähnte zu dem Stück, es sei wenige Monate nach dem Absturz der Maschine Air Florida 90 auf eine Brücke über den Potomac herausgekommen. 78 Menschen starben dort am 13. Januar 1982. Im Cockpit sagte ein Pilot: »We’re going down, Larry.« In den Kommentaren wird hervogehoben, dass der Song Angst verkörpere und angst mache. Ein Mann schreibt, seine Tochter, nunmehr 37 Jahre alt, sei von From the Air regelrecht traumatisiert und könne ihn nicht hören. Jemand fand das Album im Repertoire eines Transatlantikflugs, und vor einem Jahr schrieb ein gewisser Philip K:

Eine der surrealsten und beeindruckendsten Episoden meines Lebens hatte ich, als ich mich mit meinem alten Mercedes-Wohnmobil in der Nacht langsam aus nördlicher Richtung Paris näherte. Nur unser Auto war zu sehen, es regnete stark, und an den Rändern der Landstraße waren helle Flutlichter installiert, die wie Flaksuchscheinwerfer nach oben wiesen, in den total schwarzen Himmel, und die heißen Reflektoren erzeugten Dampf, in dem Rgeentropfen glitzerten. Im Hintergrund konnten wir die schwach beleuchteten Vororte mit ihren futuristischen Zementbauten sehen. Die Autobahn unterquert den Flughafen Charles de Gaulle und hat einen Tunnel direkt unter der Landebahn, und ein riesiger Passagierjet landete direkt vor uns. Und während wir langsam Paris näherkamen, ertönte Laurie Andersons Album »Big Science« vom Kassettenrekorder. Nie werde ich der Zukunft näher kommen wie damals in jener Nacht 1985. 

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