2022

Ein neues Jahr steht am Horizont, und für mich könnten die beiden letzten Ziffern nicht schöner sein: 22. Immer wieder habe ich mich der Zahl zweiundzwanzig gewidmet. Doch im Kalender ist es halt nur eine Zahl, und Silvester ist ein Ritual, eine Konvention, die wir aber auch dieses Jahr genießen wollen, egal, wie oft es zu feiern uns noch vergönnt sein wird. Prost Neujahr! wünscht manipogo.

010Wie wir die Mehrheit der Bevölkerung zur Erleuchtung führen können, ist mir schleierhaft. Die Menschen sind wie Kinder, die im Sandkasten spielen, während von hinten eine Unwetterwand naht. Sich wichtig nehmende Journalisten interviewen sich ihrer Bedeutung bewusst seiende Minister, es geht um die geplante Senkung irgendeiner Steuer, und dann wird frohlockt, weil für 2022 eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 5 Prozent sich abzeichnet. Das bedeutet auch mehr rauchende Schlote, mehr fahrende Lastwagen, mehr Kohlendioxid.

Da wurde vor 4 Wochen in Glasgow das Menetekel der Klimakatastrophe an die Wand gemalt, und man konnte es nicht mit stärkeren Worten tun, doch Worte sind wohlfeil und lösen nichts mehr aus. »Nach mir die Sintflut!« (Après moi le déluge!) soll Madame Pompadour (1721-1764) ausgerufen haben, weil sie ihr Fest nicht durch schlechte Nachrichten gestört haben wollte. Karl Marx schrieb 100 Jahre später, dieses Zitat sei der Wahlspruch aller Kapitalisten und aller Kapitalistennationen. Das sehen wir heute. Sollen sie doch ehrlich sagen: Wir haben keine Lust, uns einzuschränken; wir wollen unseren Lebensstil nicht ändern.

Der Mensch treibt alles bis zum Exzess, da kennt er keine Gnade. Laotse hat geschrieben: »Wisse, wann du aufhören musst / Und keine Gefahr wird dich betreffen / So kannst Du durchhalten.« Die großen Katastrophen kommen vielleicht erst in 30 Jahren, und wenn 5 Milliarden sterben, bleiben immer noch 3 Milliarden Menschen übrig, die dann hoffentlich ruhiger leben können, mit gleichmäßig verteilten Wohltaten. Jetzt gibt es eine tiefe Kluft zwischen den immens reichen Konzernen (Kommunikation und Pharma), denen die Politik untertan ist, und dem Rest der Welt; nur eine Minderheit wehrt sich, während 95 Prozent schweigend auf ihr Smartphone blicken, dumm wie Bohnenstroh.

Man schüttelt nur den Kopf darüber, dass der Fußball-Wahnsinn mit diesen Traumgehältern für irgendwelche Kicker immer weitergeht … und trotzdem kann man sich über den dritten Platz des SC Freiburg in der Liga freuen; viele wollen anders sein, Freiburg ist anders. Big Pharma ist immer unterwegs und will uns von ihren Medikamenten abhängig machen, während die Hausärztin kaum Zeit hat, drei Sätze mit der Patientin zu wechseln, und alles dreht sich mit hohem Tempo sinnlos im Kreis wie ein Karussell, wobei einige, die das Tempo nicht aushalten, hinuntergeschleudert werden. Was soll das alles? Da braucht man schon mehrere Glas Champagner, um das auszuhalten und klar zu sehen. Beten wir um die Erleuchtung, das Gegenteil von Wahnsinn.

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Und zum Schluss auch von hier etwas zu Corona, das uns ein weiteres Jahr begleitet hat dank vieler Anfeuerer und Panikmacher. Geärgert hat mich die Titelseite der Badischen Zeitung vom 26. November. Die obere Hälfte der Seite war total schwarz, und darauf stand

100 000
Menschen

Und darunter: – starben an oder mit dem Coronavirus. Da hatten die Journalisten lange warten müssen, und dann war die magische Grenze überschritten, und man konnte melden. Sowas Megadüsteres findet der Journalismus geil. Sie sind ja auf Zahlen fixiert, die Multiplikatoren, und wenn das so ist, dann rechnen wir mal vor: 4,5 Millionen Genesene gibt es in Deutschland, also waren 5 von 100 Menschen in unserem Land an dem Virus erkrankt. 100 000 von 4,6 Millionen sind etwa 2 Prozent, die sind gestorben; die echte Todesrate liegt aber noch darunter. Man hat für einen Virus, den 95 Prozent nur vom Hörensagen kennen, alles plattgemacht, was man konnte, man hat uns unter Druck gesetzt und wahrhaft terrorisiert. Wir sind die Geiseln von Medien und Politik. Es gibt das Virus und die Todesfälle, doch nun sind wir an dem Punkt angekommen, dass es nichts gibt, das nicht irgendwie damit in Verbindung stünde. Die Welt ist gründlich coronisiert, und gegen die Unheilsbotschaften gibt es keine Impfung.

Und dann dieses Reagieren auf die aktuellen Zahlen, das Regieren je nach Datenlage! Alles bleibt abstrakt. Im meiner privaten Welt ist alles wie vor 30 Jahren, aber ich darf nur mit Schnelltest ins Restaurant, weil es in diesem großen, von 83 Millionen Menschen bewohnten Land, 80.000 neue Fälle gibt — irgendwo, vermutlich in Hamburg, München, Berlin. Übermorgen kann ich darauf verzichten, weil es nur mehr 50.000 Fälle gibt. Die Corona-Welt spielt sich in den Medien ab, weit von uns entfernt, und man kann es niemandem verdenken, der es für eine Erfindung hält. Aber leicht gesagt. Die Politik hat ja auch Umfrageergebnisse und handelt, wie es die Bevölkerung wünscht. In der Datenwelt hängen wir unser Mäntelchen nach dem Wind, woher immer erkommt. So hat es sich der Erfinder der Demokratie nicht vorgestellt. Alles schief, alles krumm, aber 2022 ist eine gerade Zahl, und es wird sich alles fügen.

 

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