Direktstimmen

Im Heft Il Momdo del Paranormale vom Juni 2021, das erst um Weihnachten ausgeliefert wurde, schreiben meine römischen Freunde Giulio Caratelli und Maria Luisa Felici über die »Direktstimmen«, und das ist manipogo Anlass genug, das Thema zu behandeln. Es ist uns bei John Sloan, dem Medium aus Glasgow, vor Jahren schon einmal begegnet.

nhudang-192925092921-Gozan-no-OkuribiDie Direktstimmen (von Verstorbenen) treten nur in vollständiger Dunkelheit auf, und unabdingbar ist ein Medium, dessen Gabe sie erklingen lässt. Die Stimmen können mit den Anwesenden sprechen, können sich miteinander unterhalten und werden auch als die Stimmen lieber Verstorbener erkannt. Sie sprechen in anderen Dialekten oder in anderen Sprachen, singen zuweilen oder sagen Dinge, die wir nicht wissen. Berühmte Direktstimmen-Medien waren Mary J. Hollins, George Valiantine, Margery, Pearl Judd, John C. Sloan und Urbino Fontanelli. Meine Freunde haben unter ihnen aber Leslie Flint vergessen, womöglich das berühmteste Medium, das direkte Stimmen hörbar machen konnte. (Bild: Kerzen schwimmen auf dem Ganges, um an die Verstorbenen zu erinnern.)

Leslie Flint lebte von 1911 bis 1994. Er ist sogar vor 600 Menschen aufgetreten. Man baute ihm zu diesem Zweck ein kleines Gehäuse auf der Bühne, und die Stimmen richteten sich tatsächlich hörbar an Anwesende. Seine Autobiografie Voices in the Dark (Stimmen im Dunkeln) fängt mit den Worten an:

Ich bin ein Medium, und ich besitze die seltene Gabe der Direktstimmen. … Die Stimmen der Verstorbenen sprechen direkt zu ihren Freunden und Verwandten und sind etwa oberhalb meines Kopfes und leicht auf der linken Seite zu lokalisieren. Es sind objektive Stimmen, die die Teilnehmer an meinen Séancen auch aufnehmen und später ganz privat zu Hause abhören können.

kerze2Auf der Seite des Leslie Flint Trust kann man unter der Kategorie Recordings Archive viele Stimme anhören, die auch über eine halbe Stunde hinweg sprechen. Flint wurde als 22-Jähriger zu einer Séance eingeladen, es war warm, schildert er, und er — schlief ein. Als er erwachte, entschudligte er sich vielmals, doch man versicherte ihm, es sei eine »wunderbare Séance« gewesen, so viele Freunde hätten sich zu Wort gemeldet … Leslie bekam später Hilfe von drüben: Ein gewisser Mickey stellte sich als Kontrollgeist zur Verfügung und wollte die Bewerber aussuchen und zulassen.

Nach dem Krieg war Luftwaffenmarschall Lord Dowding, damals schon Spiritualist, eines Abends Ehrengast bei einer Gruppenséance mit dem Direktstimmenmedium Leslie Flint, und es wartete auf die Teilnehmer eine Überraschung: Mickey, Flints Kontaktmann drüben, kündigte einen Gast der Air Force an. Die Stimme eines jungen Mannes kam, der mit 20 Jahren bei einem Flugzeugabsturz in Norwegen gestorben war. Seinen Namen gab er als Peter William Handford an, genannt Kite.

Er nannte die Adresse seiner Eltern und sprach gleich unter den Teilnehmern Mr Turner an, der ihm einen Zahn gezogen hatte. Niemand wusste, dass Turner Zahnarzt war. Bei einer nächsten Sitzung mit Peters Eltern meldete er sich prompt und hocherfreut. 40 Minuten lang häufte Peter Detail auf Detail, und da niemand bei der Sitzung auf diesen Verstorbenen gefasst war und er so viele Informationen gab, war das ein sehr überzeugender Beweis für das Weiterleben der Toten.

Bei einer Séance der »Confraternity« mit Reverend Charles Drayton Thomas vor dem Zweiten Weltkrieg war Leslie Flint das Medium, als dessen Kontrollgeist wie immer Mickey fungierte. Es trug sich Folgendes zu, wie Flint schilderte:

Als die Lichter dann aus waren, sprach Mickey fast sofort und brachte verschiedene Freunde und Verwandte, um ihr Weiterleben zu beweisen. Die Sitzung näherte sich ihrem Ende, als eine Männerstimme nach Annie Blyth rief. Eine Frau in der Gruppe sagte, sie sei Annie Blyth und fragte irgendwie misstrauisch: »Wer sind Sie überhaupt?« — »Ich bin Fred Blyth«, gab der Geist zur Antwort. »Ich war nicht nett zu dir, als ich auf Erden weilte, Annie, und ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie leid mir das tut, und um dich um Vergebung zu bitten.« — »Also«, sagte Annie mit beträchtlicher Wut, »am besten verpisst du dich. Ich hatte die Nase voll von dir, als du hier warst, ein elender Ehemann bist du gewesen. Hau ab! Verpiss dich, sage ich dir!’«

Allgemeine Konfusion. Mickey bat die erbarmungslose Annie, ihrem Ehemann doch zu verzeihen, der sein schlechtes Benehmen auf Erden ehrlich bereue. Doch Annie wollte nicht einlenken; die Sitzung wurde geschlossen.

Eine gewisse Mrs Grover, die in London lebte, buchte eine Sitzung bei Leslie Flint, um ihrer Tochter möglicherweise Trost bieten zu können, die ihren Ehemann verloren hatte. Gleich ertönte die Stimme ihres Schwiegersohns Bill, der sie wie stets »Gerry« nannte und sich nach ihrer Gesundheit erkundigte. Danach sprach er den mysteriösen Satz »Mummy Bear, Daddy Bear, and Brumas«. Eine Bärenfamilie also. Bills Stimme wiederholte das sinnlose Fragment mehrmals und sagte auch, er wisse nicht richtig, warum er das tue, es sei allenfalls ein Identitätsbeweis. Mrs Grover war nicht nur enttäuscht, sondern auch im höchsten Maße irritiert. Sie kam nach Hause und zitierte ihrer Tochter den Satz – und diese fing plötzlich zu strahlen an! Genau diese Worte hatten die beiden als Code vereinbart, den einer dem anderen mittteilen wollte, wenn er vorher sterben müsste.

 

 

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