Maximilian Kolbe

Der andere Pole neben Korczak, der in einem Lager sein Leben opferte, war Maximilian Kolbe. Über ihn hat Krzysztof Zanussi (geboren 1939 in Warschau) 1990 einen Film gedreht, im selben Jahr wie Wajda den über Korczak. Den Zanussi-Film (Leben für Leben — Maximilian Kolbe) schaute ich mir am nächsten Abend an. Er war spanisch synchronisiert. Wirkt zwar fremdartig, wenn Nazis auf Spanisch brüllen, aber man hört sich rein. Ist ja so ähnlich wie Italienisch.

255px-Fr.Maximilian_Kolbe_1939Das passte wieder einmal gut, denn nach Zanussi hatte ich eigentlich gesucht. Pater Maximilian Kolbe, 1893 geboren, war Franziskanermönch und gründete bei Warschau ein Missionszentrum, das besonders Christi Mutter Maria verehrte. Er selber war Gegner des Kommunismus, der Freimaurer und des Zionismus, doch gelegentlich antisemitische Ausfälle in Artikeln waren nicht so gemeint: In seiner Station brachte Kolbe 2300 Juden unter, weshalb er im Februar 1941 von den Deutschen festgenommen und im Mai nach Auschwitz gebracht wurde.

Nach der Flucht eines Häftlings wurden, wie es bei den Nazis üblich war, 10 Häftlinge aussortiert. Einer brach in Wehklagen aus, wonach Maximilian Kolbe bat, für ihn eintreten zu dürfen. Mit den neun Mitgefangenen wurde er in den Hungerblock gesperrt und am 14. August 1941 mit einer Phenolspritze getötet. Als Märtyrer wurde der Franziskaner 1965 seliggesprochen, und 1982 erklärte ihn der polnische Papst Johannes Paul II. zum Heiligen.

Im Film konnte Jan dem Arbeitskommando entkommen und aus Auschwitz fliehen. Ihn, Jan, spielt Christoph Waltz, der 20 Jahre später, 2009, in Tarantinos Inglourious Basterds den SS-Standartenführer Hans Landa verkörpern sollte, eine Rolle, die ihn bekannt machte. Jan schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch und fragt überall nach dem Schicksal Kolbes, weil Schuldgefühle ihn plagen. Schließlich erfahren wir in Rückblicken die ganze Wahrheit. Maximilian Kolbe wird von Edward Żentara gespielt (1956-2011), der viel auf der Bühne stand und zuletzt das Theater Tarnów leitete.

Wenn in den Lagern ein Häftling floh, mussten alle leiden. Meist befahl die Lagerleitung Antreten und stundenlanges Stehen auch in grimmiger Kälte. Für einen Häftling wurden 10 bestraft; später, 1944, als in Rom 30 deutsche Soldaten bei einem Attentat in der Via Rasella ums Leben kamen, ordnete Hitler an, dass 300 Gefangene dafür sterben mussten. Die Verantwortlichen ließen sogar 335 Menschen umbrigen. Wenn einer floh, zahlte die ganze Familie dafür. Diese teuflische Rechnung verhinderte Fluchtpläne und zermürbte jeden erfolgreichen Flüchtling, denn damit war er am Tod anderer schuldig. Überhaupt litten Menschen, die die Lager überlebten, oft jahrelang an Schuldgefühlen, weil sie sich fragten: Warum habe gerade ich überlebt?

Unser Blick fällt auf die sterbenden Häftlinge, in ihrer Mitte Kolbe, und mein Blick heftete sich auf seine Häftlingsnummer: 1667. Da kam mir etwas in den Sinn. Ich hatte auf Empirische Jenseitsforschung im Herbst gehört und gesehen, wie Roman Oberholzer aus Rapperswil am Zürichsee über seine Reinkarnationserinnerungen berichtete. Er sei sich sicher, in Auschwitz gesorben zu sein. Dann lag vor seiner Garage ein Ticket für das Polen-Museum im Schloss Rapperswil. Nach langem Zögern ging er hin — und stand wie angewurzelt vor der Häftlingskluft mit der Nummer 1667 in einer Vitrine, brach in Tränen aus und zitterte. Sein Vater besaß ein Buch über den Mann, der dem Schweizer nicht bekannt gewesen war. Das sei er gewesen! Was immer wir davon halten mögen (sein Bericht klingt glaubhaft): Das war noch ein eigenartiger Epilog zu dem Zanussi-Film.

 

 

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