Umberto D.

Filme über alte Menschen sind selten, weil es dann zu deprimierend würde. Also macht das Fernsehen (sicher nicht nur das deutsche) Komödien, in denen alles halb so schlimm ist und versöhnlich ausgeht. Ein guter, weil realistischer Film kommt aus dem Italien der Nachkriegszeit, der Periode des Neorealismus. Vittorio de Sica (1901-1974) hat ihn 1952 gedreht, und das Werk heißt Umberto D.

De Sica war zu der Zeit ein bewunderter Schauspieler und hatte schon 9 Filme gedreht, darunter 1948 die berühmten Fahrraddiebe (ladri di biciclette). Über den hat manipogo geschrieben, leider viel zu kurz: muss nachgeholt werden. Den Film Umberto D. hat er seinem Vater gewidmet. Der Gedanke an ihn inspirierte ihn wohl zu dem Film, der sogar mit englischen Untertiteln vorliegt.

OIP.QbwIhT0wXCUyMF0JT7DPrwHaKeAm Anfang sehen wir in einem beschaulichen Rom ohne viel Autos eine Demonstration von Rentnern für mehr Geld, die von der Polizei auseinandergetrieben wird. Umberto war dabei. Er hat sich in einem Zimmer zur Untermiete einquartiert, mit seinem kleinen Mischlingshund Scheich (bei dem Namen bin ich mir nicht sicher). Die Vermieterin ist eine dralle blonde Dame aus der besseren Gesellschaft, die einen dünnen Mann mit Schnurrbart anschwärmt, weil der eine hohe Stellung in der Regierung hat. Sonst patrouilliert sie durch den Flur und schreit Umberto an, sie werde ihn rauswerfen, wenn er seine Schulden nicht zahle. 18.000 Lire bekommt er Pension im Monat, weil er 30 Jahre in einem Amt tätig war, 10.000 kostet die Miete, und 15.000 schuldet er der Frau. Wenigstens steht ihm die reizende 16-jährige Maria bei, Haussklavin der Blonden, die in einen Soldaten verliebt ist und ein gutes Herz hat.

Umberto muss er ins Krankenhaus, und als er zurückkommt, ist sein Hund weg, doch er findet ihn wieder. Seine Wohnung wird renoviert, überall Chaos, und einmal liegt er auf dem Bett und gesteht Maria, er sei »so müde; wegen allem«. Dann geht es nicht mehr, und er packt seinen Koffer R.6de763a667849fdcb187eaf39df6a13cund geht die Treppen hinunter. Ins Obdachlosenheim will er eigentlich nicht. Was will er? Erstmal seinen Hund unterbringen. Das Tierheim ist keine Lösung, da bringen sie Hunde um. Umberto versucht ihn Kindern im Park zu schenken. Dann läuft er verzweifelt auf die Schienen, ein Zug kommt, doch der Hund bellt und rettet ihn. Umberto versteckt sich unter einer Brücke; der Hund findet ihn. Schließlich gibt das Herrchen auf und behält ihn, läuft mit seinem kleinen Scheich bis zum Ende des Parks, wo wir ihn aus den Augen verlieren. Wie wichtig so ein kleiner Begleiter ist! Er hält einen im Leben fest.

Carlo Battisti spielt Umberto D. Als der Film gedreht wurde, war er 70 Jahre alt und soeben als Professor in Florenz verabschiedet worden, wo er 27 Jahre lang romanische Sprachen gelehrt hatte. Battisti war immer für die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien eingetreten (der Brenner als Grenze) und arrangierte sich dafür auch mit den Faschisten. Er hat viele Bücher über Mundarten und die Zweisprachigkeit Südtirols veröffentlicht. De Sica sprach ihn am Flughafen an und gewann ihn für die Rolle, und die anderen Darsteller sind auch keine Profis. Battisti lebte übrigens noch lange, er wurde 95 Jahre alt.

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