Die Yahoos (!)

Sterne las ich, und da lag, unbeachtet auf einem kleinen Bücherstapel, das Buch Gullivers Reisen von Jonathan Swift, und ich schaute es kurz durch. Dass da im vierten Teil (oder im vierten Buch) dauernd die Yahoo eine Rolle spielen, interessierte mich. Konnte man gut lesen. Jetzt weiß ich mehr.

Die beiden amerikanischen Gründer von Yahoo! sollen, wie irgendwo stand, sich scherzhaft mit den Yahoo identifiziert haben, von denen der Erzähler dauernd sagt, dass er sie hasst, dass sie verachtenswert seien und überhaupt abscheulich. Das Buch heißt Reise in das Land der Houyhnhms. Der Verfasser segelt im September 1710 als Kapitän eines Schiffes ab, und im Mai 1711 ist er entlassen, weil die Mannschaft meutert und ihn irgendwo an Land setzt, wo er auf die Bewohner mit dem unaussprechlichen Namen trifft, die pferdeähnliche, aber sanftmütige und wohlwollende Wesen sind.  

Aber es gibt auch andere Wesen, behaart und böse: »Kopf und Brust waren ihnen mit dickem Haar besetzt, einiges gelockt, anderes schlicht. Sie hatten Bärte wie Ziegen, einen langen Haarstreifen auf dem Rücken und an den Vorderseiten ihrer Beine; der übrige Teil ihres Körpers war entblößt, so dass ich die Haut erkennen konnte, welche von schmutzig dunklem Braun war.« Das Herr-Pferd der Houyhnhms stellt die Bestie neben den Verfasser, und dieser ist verblüfft, als er »in diesem verabscheuungswürdigen Tier eine vollkommene Menschenfigur« erblickt. Er sei ein vollkommener Yahoo, das sei klar, meint das Pferd. (Foto: frühchristliche Skulptur, Kirche Pfaffenweiler)

Der Erzähler erlernt mühevoll die Sprache des Landes und ist erfreut über die Harmonie in dem Land. Alles scheint so friedlich. Dazu kürzlich gelesen in einem Artikel, der dem Begründer des Roten Kreuzes gewidmet war: »Henri Dunant merkt an, dass die Tiere menschlicher seien als die Menschen. Die Pferde vermieden es, die auf dem Schlachtfeld liegenden Verwundeten mit ihren Hufen zu treffen.« 

Gulliver mit seinen Freunden, Illustration: Grandville (1856)

Der schiffbrüchige Kapitän schildert uns das paradiesische Leben der Houyhnhms, erläutert dem Herrn-Pferd auch langwierig, wie die Leute in seinem Land lebten, in dem es fast nur Yahoos gebe: Wie man sich gegenseitig in Kriegen umbrächte etwa und dergleichen mehr. In den Kriegen stürben Millionen Yahoos.

 Das Idyll wird geringfügig durch eine Parlamentssitzung gestört, die eine alte und die »einzige Debatte, die in diesem Lande verhandelt wird«, aufnimmt: »Die Frage betraf die Vertilgung der Yahoos vom Angesicht der Erde.« Was sagt man dazu? Am besten nichts. Das Buch erschien 1726 in London. Swift war ein galliger Mann, der mit seinem Ehrgeiz nicht viel Glück hatte. 1729 hat er den satirischen Vorschlag unterbreitet, die Kinder armer Leute zu töten und zu verfüttern.  

Jonathan Swift wurde 1667 in Dublin geboren. Auch er war protestantischer Geistlicher. Er wurde 1700 Pfarrer und Mitglied eines Domkapitels in Dublin, und dorthin lockte er auch seine Freundin Stella, die Tochter einer Zofe. Sein Journal to Stella war eine Sammlung von humoristischen Briefen an sie, die gern gelesen wurden. Später, um 1708, lernte er Vanessa kennen, die auch zu ihm nach Dublin kam, wo er 1713 Dekan wurde.

Er wäre gern Bischof in England geworden, aber das klappte nicht. Vanessa starb 1723, Stella 1728, und Swift selber, von Krankheit gequält und verbittert, 1745. Er ist in der Kathedrale von Dublin beigesetzt.    

 

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