Die Seelen-Hebamme

Vor einem Monat war bei Luisa Felicity Warner zu Gast, die sich Seelen-Hebamme nennt. Seit 25 Jahren begleitet sie Sterbende und hilft mit, dass sie gestärkt und ohne Angst ihren letzten Schritt tun können. Der Tod führt in ein neues Leben wie eine Geburt, und so ist Felicitys Berufsbezeichnung korrekt und öffnet uns Zurückbleibenden auch gedanklich neue Türen. Sie hat dazu eine Schule gegründet

Felicity Warner hat Hunderte Menschen sterben sehen und erzählte, was sich im Zimmer abspielt:

SDC10440Etwas Heiliges passiert da. Die Energie verlagert sich, es entsteht eine Leere. Diese Veränderung kann man bemerken. Die Menschen fallen dann in einen Schlummer und denken, denken und denken. Dann sehe ich diese beiden Energie-Arten: die Energie des Geistes und diejenige der Seele. Eine Trennung findet statt; der Geist verschwindet in einer kreisenden Bewegung im Uhrzeigersinn; die Seele bewegt sich gegen den Uhrzeigersinn.  Manchmal entfernen sich beide horizontal, jedenfalls drifen die beiden Spiralen weg.  

fearless1Das ist der Augenblick des Todes. Felicity Warner sagt, dass sie diese Wahrnehmung mit den Augen des Geistes mache, und dass es lange Jahre gedauert habe, bis sie sehen konnte, dass Geist und Seele sich entfernen. Diese Spiralen seien fast wie Rauch, und sie lösten sich im Raum auf. Die Energie des Geistes bleibe noch eine Weile hier, und die Besucher der Beerdigung könnten sie manchmal spüren.

Der Geist nehme unsere Persönlichkeit mit und alles, was wir wissen und woran wir uns erinnern … und man kann anfügen, dass die Seelenenergie für Gefühle und Verborgenes zuständig ist, und Peter Novak hat gewarnt, die beiden dürften sich nicht trennen.

Felicity Warner hatte Ratschläge für den Besuch bei Sterbenden parat:

Geh langsam hinein, mach alles langsam
Dreh die Lichter herunter
Hör genau zu
Tu alles mit Liebe
Denk an die Verbindung eurer beider Herzen
Du kannst jemandem helfen, einen guten Tod zu haben.

Empfehlenswert sei auch der Einsatz von aromatischen Ölen. Die Worte, die Felicity zu ihrem Mantra erklärte, muss man nicht übersetzen:

All’s well and all will be well.

 

Ψ ⊗ ψ

Vor drei Tagen. am Dienstag Abend, hörte ich aus einem Zimmer im Heim leises rhythmisches Jammern. Hilde ging es schlecht, das wusste man, sie bekam Sauerstoff, und sie befand sich auf ihrem Weg, und das konnte dauern. Ich ging zu ihr, sie hatte einen heißen Kopf und schaute ruhelos, und ich streichelte sie und hielt ihre Hand, und ich glaube, ich sagte ihr, dass wir alle sie lieben, dass es überhaupt nicht schwer sei, dass sie danach wieder frei sein würde. Ich weiß nicht, ob etwas angekommen ist, doch sie schloss allmählich die Augen und schlief ein, und zum Abschied küsste ich sie auf die Stirn. 

Dass sie dann schon am Mittwochmittag starb, wunderte mich selber. Hilde war zielstrebig, sie hat es gepackt. Vor vier Wochen war ihre Tochter gestorben, eine freundliche Frau, einen Monat nach der Rente. Das war vielleicht zuviel. Draußen auf der Brüstung meines Balkons entzündete ich gestern eine rote Kerze, für ihre Seele, und ich ließ sie die ganze Nacht über brennen. Gute Reise, Hilde Gaub!

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