Essen gehen

Essen gehen zählt zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen des Touristen. Muss man seinem Körper schon Nahrung zuführen, dann kann man das, Geld vorausgesetzt, auch stilvoll tun. Die Neugierde spielt mit: Wie sitzt man in jenem Lokal? Wie fühlt man sich? Wie wird es schmecken? Wir haben nachgerechnet und sind an 16 Tagen 10 Mal in einem Restaurant gewesen, zwei Mittagessen nicht berechnet. Gut war’s immer. Manchmal sehr gut.

In Panarea ist jedes dritte Haus ein Restaurant, und der Rest sind Hotels und Bed-and-Breakfasts, wenn wir die Wohnhäuser der 250 Einwohner übergehen. Schon am zweiten Tag zogen wir uns schick an (ich: weiße Hose, schwarzes T-Shirt) und suchten das Cusiritati auf, was Dialekt ist und curiosità bedeutet, also Neugierde. Die Terrasse liegt oberhalb des Meeres, das im Verlaufe des Abends schwarz wird und eins mit der Nacht; weiß gedeckte Tische, natürlich, Jazz-Musik im Hintergrund, gutsituierte Paare, die sich leise unterhalten und die zuvorkommende Bedienung, die man in einem Spitzenrestaurant erwarten kann.

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Mein Problem ist, dass ich mich nicht mehr gut an die Gerichte erinnere. Ich hatte als ersten Gang irgendwelche Nudeln mit einem traditionellen Sugo aus Fisch und als zweiten Gang kleine Lammkeulchen. Das sieht natürlich alles perfekt aus und ist künstlerisch garniert, aber nicht verschwenderisch. Die Kunst besteht in der Komposition und etwas Improvisiertem; es ist einfach eine Sache des Gefühls. Unten ein Gericht aus den Annastuben in St. Ulrich (Südtirol), einem Ein-Sterne-Restaurant.

IMG_1228Da gab es neun Mini-Gerichte, die je von einem Mitarbeiter verbal vorgestellt wurden. Geht man »normal« essen, bestellt man entweder Antipasti oder einen ersten Gang, und danach kommt der zweite Gang (nur die Pizza kommt ohne Beiwerk aus), der aber wenig Beilagen aufweist. Da erster und zweiter Gang meist um die 15 Euro kosten, liegt man mit Wein und Dessert am Ende bei 100 für zwei Personen. Bei Cusiritati hatten wir eine Zeche von 220, das muss man sich mal leisten können.

Ich erinnere mich noch an die Terazza Quarantotto (Tropea) und La Sirena (Panarea), in denen es nett war und wohlschmeckend sowieso. Da fällt mir gerade noch ein, dass ich einmal Nudeln hatte, die ganz hart waren. Giovanna meinte, das sei richtig so; für einen Italiener sei es das Schlimmste, wenn die Pasta zerkocht sei. Al dente wollen sie sie. Dente heißt Zahn: bissfest also wollen sie sie.

Am letzten Abend hatten wir das beste Restaurant, wie Giovanna meinte: Bei Nico und Lilly. Ich war in einem etwas tristen Wohnviertel Tropeas abseits des Zentrums herumgelaufen und hatte ein nach meiner Ansicht einfaches Lokal entdeckt mit bunten Plastiktischdecken auf einfachen Tischen. Wie gingen erst hin, nachdem Giovanna die Bewertungen gesehen hatte, die großartig waren (Ich würde immer in das Restaurant mit den schlechtesten Bewertungen gehen; die geben sich dann besonders Mühe …). Die Tische waren dann plötzlich weiß gedeckt, das Personal elegant gekleidet, wie es sich gehört.

Als ersten Gang hatte ich da eine cremige Suppe aus den berühmten roten Zwiebeln von Tropea mit Stücken vom Tintenfisch. Mein zweiter Gang war Tunfisch, und jedes Stück war perfekt gebraten und ein Genuss. Giovanna hat es fotografiert.

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Die Weine der Gegend sind wegen der freigebigen Sonne stark und haben alle um die 13,5 Prozent. Bier trinkt man wegen des Durstes gern, doch man weiß, italienisches Bier ist bescheiden.

RDa fällt mir gerade noch ein, dass mir englische Bekannte eine Flasche »Bishop’s Finger« schenkten. Es war ein herbes, malziges, sensationelles Getränk. Die Engländer verstehen es eben. Der kuriose Name bezieht sich auf die fingerähnlichen Wegmarken, die zu dem Grab von Thomas Becket führen, dem Erzbischof von Canterbury, der dort begraben liegt. Er wurde 1118 geboren und 1170 ermordet. Das Bier wird vom obersten Braumeister immer nur am Freitag gebraut, und verwendet werden nur Zutaten aus der Grafschaft Kent. Rechts zeigen wir zwei Flaschen nebeneinander, weil man »auf einem Bein schlecht steht«.

 

 

 

 

 

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