Die Fedeli d’Amore und Dante

Gut möglich, dass Rusbehans Buch Der Jasmin der Getreuen der Liebe Pate stand für die Gründung einer Geheimsekte oder einer Bruderschaft, die sich in Italien Fedeli d’amore nannte. Über sie ist nicht viel bekannt; die Göttliche Komödie von Dante Alighieri jedenfalls liegt vor, und Dante soll die Bruderschaft — ein Ableger der Templer — geleitet haben.
Das 13. Jahrhundert zieht mich ungemein an, und nicht nur, weil in ihm Manfred lebte (1232-1266), Sohn von Kaiser Friedrich II. und unglücklicher König von Sizilien. Er fiel in der Schlacht von Benevent gegen die Franzosen.

deutsche-ritter-und-edlen-frauen-mitte-des-15-jahrhunderts-cw628xEs war eine Umbruchzeit. Die »Macht der Frau« habe sich bereits Ende des 11. Jahrhunderts entfaltet, schreibt Régine Pernoud, und bis zum Ende des 13. Jahrhunderts bestanden. Ohne Zweifel hatte die überhöhte, theologisch verstandene Liebesliteratur der arabischen Sufis und der hebräischen Mystiker dazu beigetragen. Es war die Zeit der edlen Ritter, die ihre großen Heldentaten hohen Frauen widmeten, die sie aus der Ferne anbeteten. Die Troubadoure wirkten vielleicht noch bis 1500, im »Orlando furioso« von Ariost spürt man sie noch. Als es mit den Rittern zu Ende ging (bedingt auch durch das Aufkommen der Feuerwaffen), verschwanden auch Fairness und Ritterlichkeit.

021Die Fedeli d’Amore müssen Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sein, und gegen Ende des Jahrhunderts soll den illustren Klub der Dichter Guido Cavalcanti aus Florenz geleitet haben (1255-1300). Danach soll ihm Dante gefolgt sein, der dann 1321 im Exil starb. Die beiden standen für eine neue Bewegung, den Dolce Stil Novo, die uns heute modern anmutet. Der Dichter (meist ein Mann) spricht von seiner Herzensbewegung, die Liebe ist eine göttliche Kraft, und die verehrte Frau wird mit Metaphern und Symbolen beschrieben und erscheint eher als Engel oder Göttin denn als menschliches Wesen. (Rechts: Statue von Dante in einem italienischen Ort an der Ostküste.)

Irgendwann kann ich ja ein paar Gedichte Cavalcantis vorstellen, es ist ein Erlebnis! Dante hatte sich früh in Beatrice verliebt, die dann aber wohl auch früh starb, und am Ende der Göttlichen Komödie trifft er sie im Paradies wieder, und sie zeigt ihm alle Herrlichkeit, bekrönt mit Strahlen und umringt von Engeln, und somit ist sie geliebte Frau und Göttin zugleich: die Erfüllung allen irdischen Strebens, das in der Schau des Absoluten gipfelt.

Der Einfluss von orientalischem Gedankengut auf die Göttliche Komödie ist vielleicht noch nicht so richtig gewürdigt worden. Bei dem Versepos mit seinen 100 Gesängen handelt es sich um einen ausgedehnten, also 700 Seiten langen Trip durch die Jenseitswnterwelt, angefangen in der Hölle und durchs Fegefeuer hinauf ins Paradies: ganz der Weg der Sterblichen. Dante schreibt »ich« und wird von Vergil geführt, dem römischen Dichter der Aenäis-Sage. Nach vielen Gesprächen mit prominenten Verstorbenen erreicht er die Zone der Heiligkeit und trifft Beatrice:

009danteDoch als ich zu Beatrix mich gewendet,
War sie so lachend schön, so hochbeglückt,
Daß solches Bild kein irdisch Wort vollendet.
Da ward von neuer Kraft mein Aug’ entzückt;
Ich schlug es auf und sah mich schon nach oben
Mit ihr allein zu höherm Heil entrückt.

Wichtig ist das Ende. Jeder der drei Abschnitte hat 33 oder 34 Canti (eben Gesänge), und alle enden mit dem Wort stelle (Sterne).Ich habe in meinem Jahrhundertrennen jeden der drei Tage auch mit dem Wort Sterne enden lassen, als Erinnerung an Dante. Von meinem Versroman hier nur den Anfang.

Dante will sich also aus seinem Gedicht empfehlen, und er fasst zusammen. Sein letzter Monolog gipfelt in und endet mit dem berühmten Wort

l’amor che move sole e l’altre stelle.

Der Dichter wollte begreifen, was er sah (drei Ringe, die Dreifaltigkeit), doch es gelang ihm zunächst nicht …

Ward nicht mein Geist von einem Blitz durchdrungen,
Der, was die Seel’ ersehnt hatt’, ihr verlieh.
Hier war die Macht der Phantasie bezwungen,
Doch Wunsch und Will’, in Kraft aus ew’ger Ferne,
Ward, wie ein Rad, gleichmäßig umgeschwungen
Durch Liebe, die beweget Sonn’ und Sterne.

DSCN2683Dante hat das Paradies erreicht oder Nirwana. Eine Kraft drang in ihn ein, die ihn sich gleichmäßig bewegen ließ wie ein Rad. Er ist im perfekten Gleichgewicht und sieht: dass die Liebe (Gottes) Sonne und Sterne bewegt.

Nichts Anderes erzählen die Nahtod-Zeugen. Dantes grandioses Epos ist zwar Literatur, aber auch eine Vision: Er hat etwas erschaut, was er bald nach Veröffentlichung der Komödie selbst erlebte, weil er starb. Rechts sehen wir das Mausoleum für den Dichter in Ravenna, davor das Fahrrad eines ihn verehrenden deutschen Pilgers.

 

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