Talisman

Auf der Schweizer Autobahn überholte mich ein Renault Talisman. Ich habe es mir gemerkt, weil ich mir verärgert dachte: Diese Konsumgesellschaft bedient sich heiliger Worte nur, weil sie wohlgefällig klingen; sie frisst alles Heilige auf und spuckt es entleert wieder aus. Talisman, der Glücksbringer, kam aus dem Griechischen ins Arabische und aus dem Italienischen zu uns. Und auf einen Renault. Schaden kann’s ja nicht.

Eine Parfumkette in der Schweiz heißt Rituals. Dann kam ich noch an einem Plakat vorbei, das eine irgendwie fernöstliche Trommelveranstaltung auf einer Bühne ankündigte, und die Veranstaltung nannte sich Tao. Das ist der zentrale Begriff aus dem Tao te-king von Laotse, C. C. Lau schreibt in einer Einführung:

Aus diesen Passagen entnehmen wir, dass die Wesenheit, die Tao genannt wird, existierte, bevor das Universum entstand. … nichts können wir über das Tao sagen. Die Schwierigkeit wird dadurch angedeutet, indem gesagt wird, es sei »schattenhaft und undeutlich«, es sei »die Form, die keine Form hat, das Bild ohne Substanz«. Sogar zu sagen, es habe das Universum hervorgebracht, führt in die Irre. Es schuf das Universum nicht, wie ein Vater seinen Sohn zeugt.

Manchmal wird Tao mit der Weg übersetzt, und das berühmte Büchlein fängt an mit dem Satz:

Der Weg, der beschrieben werden kann,
Ist nicht der zutreffende Weg;
Der Name, der genannt werden kann,
Ist nicht der zutreffende Name-
Das Namenlose war der Anfang von Himmel und Erde;
Das Genannte war die Mutter der Myriaden Kreaturen.

Aber lassen wir das. Auf der Bühne wird es um laute Effekte gehen, um Farben und grelle Töne, und Derwische und Mönche werden tanzen und die Trommeln schlagen. Zwischen Weihnachten und Silvester blühen überall die Events für Leute, die sich zwischen den Jahren langweilen und Geld und Zeit haben. Da sind auch irische Tänzerinnen und Tänzer unterwegs, und auch da vermutlich großes Orchester, denn man beeindruckt die Menschen mit bunter Oberfläche, und natürlich (man hätte es erraten können) wird auch eine Geschichte des irischen Whiskeys geboten. Alles so vorhersagbar, dass es traurig ist.

Dieser Kapitalismus hat die Rockmusik zerschlissen und das Internet zu einer Geschäftsplattform gemacht, und kein schönes Wort ist ihm heilig. Viel mehr ist dazu nicht zu sagen, aber erwähnt sollte es worden sein.

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