Die Holzschuhe

Mascha Kaléko hat den Ton angeschlagen, und wir bleiben also beim Humor, der ohnehin viel zu kurz kommt. Guy de Maupassant (1850-1893) war sozusagen der Schüler Flauberts, und nachdem er zwei erfolgreiche Erzählbände herausgebracht hatte, legte er 1883 die Contes de la Bécasse nach, die ebenfalls in der Normandie spielen, ganz oben am Meer. Die Erzählung Die Holzschuhe ist einfach köstlich.

Die Rahmenhandlung: Jäger erzählen sich Geschichten aus ihrer Gegend. Im Vorwort wird klar ausgesprochen, dass die Helden Kleinbürger sind, für die das Geld an erster Stelle steht, und dass man überhaupt nicht zimperlich ist. Die Holzschuhe können rasch rekapituliert werden:

OIPhaussssNachdem der alte Pfarrer in der Sonntagsmesse verkündet hat, dass Monsieur Césaire Omont eine junge, ehrliche Bedienstete sucht, gehen die Eltern Malandain ihre Tochter Adélaïde frontal an. Die Mutter sagt (im Dialekt, das ist etwas schwer zu übersetzen):

Wär‘ v’leicht gut, dich zu Maïtre Omont zu schicken, der is‘ grad Witwer, seine Schwiegertochter mag ihn nicht, allein is‘ er und dann hat er ja auch was. Denk‘ mir, es täte gut, Adélaïde hinzuschicken.

Man zieht sie schön an und macht den Besuch. Omont ist ein Mann von etwa 55 Jahren, jovial und beleibt. Kurz tauscht man die Fakten aus. Wie alt ist das Mädchen? — 21 Jahre. — Alles klar, 15 Francs im Monat und Kost und Logis, und morgen wird sie erwartet, um dem Herrn seine Morgensuppe hinzustellen. Am nächsten Tag ruft Césaire Omont sie zu sich und erklärt:

Hör mal zu, dass es da kein Missverständnis zwischen uns gibt: Bist meine Dienerin, mehr nicht. Wir werden unsere Holzschuhe nicht durcheinanderbringen. Du in der Küche, ich im Speisesaal.

Doch bald, zur Essenszeit, ruft er sie und donnert:

Ich mag nicht alleine essen, verdammt nochmal, du setzt dich dorthin oder verschwindest, wenn dir das nicht passt. Hol deinen Teller und dein Glas!

Omont genießt es, erzählt, geht aus sich heraus, schlägt auf den Tisch. Beim Kaffee wiederholt sich die Szene, denn der Herr will seinen Kaffee nicht alleine trinken. Auch das Abendessen nehmen sie gemeinsam ein, und er genehmigt sich ein paar Schnäpse. Sie soll nun das Geschirr spülen und zu Bett gehen, er tue das auch bald. Nun kommt, was da kommen muss. Er ruft nach Adélaïde; sie antwortet vom oberen Stockwerk. — Wo sie sei? — Sie habe sich schon ins Bett gelegt. — Er brüllt nach oben:

Du wirst wohl herunterkommen, verdammt nochmal, ich mag nicht alleine schlafen, verdammt nochmal, und wenn du partout nicht willst, kannst du deine Sachen packen, verdammt nochmal!

s-l300Dann hört er das Klappern ihrer Holzschuhe und weist sie an, sie neben die seinen zu stellen, und dann zieht er sie ins Schlafzimmer, und sie, begütigend: »Da bin ich doch, Meister, ich bin da.«

Sechs Monate später meinen Adélaïdes Eltern, sie sei wohl schwanger: »Ihr habt doch nicht eure Holzschuhe durcheinandergebracht?« Das Mädchen muss es einräumen. Gleich am ersten Abend sei das geschehen und an weiteren auch … Und sie schluchzt, sie habe doch nicht gewusst, dass das so gehe mit den Kindern … Am Ende verkündet der Pfarrer, Monsieur Onufre-Césaire Omont schließe mit Céleste-Adelaïde Malandain das Band der Ehe.

 

 

 

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