Eine Schlange schlagen

Für den heutigen Tag, der gerade frei war, bediente ich mich bei den 366 Lesungen aus dem Buddhismus, diesem Buch aus Mumbai (2003), das in der Telefonzelle des Dorfes stand. Ich wählte die heutige Tageslosung (und -lesung), und dann schauen wir weiter. 

Für den 23. März heißt der Beitrag, der kurz ist:

Eine Schlange schlagen

Der Buddha hielt sich in der Nähe von Savathi auf. An einem Morgen, als er sich in die Stadt aufmachte, um Nahrung zu erbetteln, beobachtete er eine Gruppe Jungen, die eine Schlange mit einem Stock schlugen.
Als er zurückkam, rief er seine Mönche zusammen und erzählte ihnen von der Begebenheit. Dann sagte er: »Die Schlange will glücklich sein, so sehr das jeder Mann und jede Frau will. Die Schlange will vor dem Leiden gerettet werden, wie dies jeder Mann und jede Frau will. Diejenigen, die selber glücklich sein wollen und dabei anderen Lebewesen Leid zufügen, werden selbst kein Glück finden. Diejenigen, die selbst glücklich sein wollen und anderen Lebewesen kein Leid zufügen, werden wirklich das Glück für sich finden.«

Bei dieser kleinen Geschichte vermusste ich den Satz: »Und Buddha trieb die Jungen auseinander und nahm ihnen den Stock weg.« Hat der Buddha nur zugesehen und das Erlebnis bloß als Lehre für seine Mönche benutzt? Wir wissen da nichts Genaues, aber im Buddhismus herrscht ja die Lehre des Karma, die dazu verführt, unglückliche Menschen für selbst schuld an ihrem Unglück zu halten; das erleichtert das Gewissen, und man muss nichts tun. Das ist freilich eine Unterstellung.

Jedenfalls nahm sich Buddha wenigstens geistig der Schlange an und gab zu, dass sie auch zufrieden leben wolle. Wir denken bei einer Schlange ja an ihre Giftigkeit, ihr Schleichen und ihr Gefährlichsein, aber wie wir erfuhren, wurde die Schlange früher verehrt. Im Pflegeheim wies mich eine nette Frau auf eine wichtige Schlangengeschichte im Alten Testament hin, die ich noch nachtragen möchte.

Die Israeeliten waren auf der Flucht und murrten. Sie klagten Mose an: Warum er sie aus Ägypten herausgeführt habe? Etwa damit sie in der Wüste stürben? Ihrer elenden Nahrung seien sie überdrüssig. — Die Strafe folgt auf dem Fuß (Num 21,6-9):

wunderheilungDa schickte der Herr Giftschlangen unter das Volk. Sie bissen die Menschen, und viele Israeliten starben. Die Leute kamen zu Moses und sagten: Wir haben gesündigt, denn wir haben uns gegen den Herrn und gegen dich aufgelehnt. Bete zum Herrn, dass er uns von den Schlangen befreit. Da betete Mose für das Volk. Der Herr antwortete Mose: Mach dir eine Schlange und häng sie an einer Fahnenstange auf! Jeder, der gebissen wird, wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht. Mose machte also eine Schlange aus Kupfer und hängte sie an einer Fahnenstange auf. Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben. 

Wir wissen ja, dass aus der Giftsubstanz der Schlange auch das Gegengift zu gewinnen ist. Je nach Dosierung kann etwas giftig oder ein Heilmittel sein, und da haben wir schon Hahnemanns, des Bergünders der Homöopathie Devise: Gleiches mit Gleichem behandeln! Da die Verdünnung der Substanz unglaublich gering bis nicht mehr vorhanden ist, wollen viele der Homöopathie nicht glauben. Doch Heilungen gibt es. Auch die alte Magie bedient sich der Ähnlichkeiten und will nur etwas winzig Kleines, um damit (angeblich) Wirkung zu erzielen: Stiehl ihm ein Haar und vergrab es unter deiner Türschwelle, und er wird zu dir zurückkehren, lautet mancher Liebeszauber.

Zur Kupferschlange gibt es noch einen Epilog im zweiten Buch der Könige (18,4). Das Volk diente weiterhin dem Herrn, hatte nebenher aber auch Götzen. Der Herr, eifersüchtig, hatte doch befohlen: Du sollst keine andere Götzen neben mir anbeten! Die Kupferschlange wurde anscheinend als Fruchtbarkeitssymbol verehrt. Das sah wenigstens konkret aus und hatte Sinn. Doch dann wurde Hiskija König, der Sohn Davids, und handelte.

Er schaffte die Kulthöhen ab, zerbrach die Steinmale, zerstörte den Kultpfahl und zerschlug die Kupferschlange, die Mose angefertigt hatte und der die Israeliten bis zu jener Zeit Rauchopfer darbrachten — man nannte sie Nehuschtan (Kupferbild). 

Das Kupfer stand immer für Venus, die Liebesgöttin; Gold war die Sonne, Silber der Mond, Blei der Mars. Aber nun haben wir genug aus dem Alten Testament zitiert. Lassen wir es und die Schlange also in Ruhe!

 

 

 

 

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