Gustavo Rol als Maler

Wenn ein großes Medium malt, muss man auf alles gefasst sein. Gustavo Adolfo Rol, der gestern zu Wort kam, malte leidenschaftlich gern, am liebsten Landschaften in Herbst und Winter und Rosen im Moment des Aufblühens. Rol genoss einen guten Ruf und verkaufte viele Bilder, die aber nicht nur Bilder waren …

service-pnp-jpd-02400-02429rDer Arzt Gianni De Coster aus Turin besaß ein Gemälde von Rol, das einen Strauß Rosen darstellte und erzählte gern, dass diese Rosen manchmal rochen wie ein echter Strauß. Die Gräfinnen Ferrarotto, zwei Schwestern aus Turin, erwarben ein Bild mit einer Katze, die — so behaupteten sie — ihnen mit den Augen folge und ihre Augen erst dann richtig bewegten, wenn der Beobachter reglos blieb. (Oben links: Rosen und eine Katze, Zeichnung von Tachibana Morikuni, 1679-1748. — Dank an Library of Congress, Wash. D. C.)

Das wird erwähnt in einem Artikel von Remo Lugli aus dem Frühjahr 1995 in der Zeitschrift Luce e ombra über Gustavo Adolfo Rol, der im September 1994 mit 93 Jahren gestorben war. 1974 besuchte der Autor mit seiner Frau Elsa das berühmte Medium in dessen Wohnung in Turin. Rol hielt viel von Elsas Urteil, und gemeinsam gingen sie ins Studio, um einen Entwurf anzusehen, der nach Meinung des Urhebers an einer von zwei Stellen noch etwas Farbe brauchte. Nur an welcher? Lugli erinnerte sich:

Um darüber zu diskutieren, stehen wir etwa vier Meter von dem Bild entfernt, das auf einer Staffelei ruht. Rols rechte Hand hat er vor der Brust, und zwischen den Fingern hält er ein Kreidestück. Plötzlich und ohne dass seine Finger sich bewegt hätten, fliegt die Kreide los und auf einer perfekt waagrechten Linie auf das Bild zu und hinterlässt auf einer der beiden fraglichen Stellen einen Fleck. Dort ist etwas zu ändern. Der Maler führt es am nächsten Tag so aus, und es passt.

Caterina Ferrari assistierte ihm einige Jahre beim Malen und reichte ihm die Pinsel. Sie erzählte:

Es war interessant, ihn zu beobachten, während er einige Details studierte. Immer wieder probierte er etwas aus, bis er endlich den Effekt erzielt hatte, der ihm vorschwebte. Manchmal allerdings ging er unzufrieden schlafen, und es kam vor, dass sich das Gemälde am nächsten Morgen von selbst verändert hatte — und so, wie Rol es sich gedacht hatte, ohne es realisiert haben zu können.

Francois-Auguste Ravier Tutt'Art@ (1)Der Geist des Menschen sei ein intelligenter Geist, pflegte er zu sagen, und wenn er nach der Erfahrung des Lebens mit der Seele zu Gott gehe, könne er auch wiederkehren und auf der Erde wirken; nur müsse er wiederholen, was er schon einmal gemacht habe, keine neuen Sachen. Also fertigten die »intelligenten Geister« von bekannten Künstlern auf Rols Anfrage hin Skizzen von Gemälden, die sie in ihrem früheren Leben gemacht hatten. Ein häufiger Geistergast war  François Auguste Ravier (1814-1896) aus Lyon (rechts ein Werk von ihm), vielleicht, weil sich Rol und er künstlerisch nahestanden.

Und Lia Bertelé Colombo erinnerte sich an einen Abend in ihrer Wohnung mit Freunden.

21690-napoleon-i-bonaparte_400pxRol fragte, ob es nebenan eine leere Wand gebe. Dann ließ er sich einen Farbstift reichen und zeichnete in die Luft das berühmte N von Napoleon. Wir stürzten ins Zimmer nebenan, und richtig: Oberhalb des Kopfteils eines Bettes prangte deutlich an der Wand das N Napoleons!

 

 

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