Paradiesisch

Ich bin nun seit Ende Mai wieder in Dottingen. Ja, Santa Marinella war toll, das Meer in Reichweite, nette, immer gesprächsbereite Leute, der Buchhändler Angelo, der Fahrradmonteur und natürlich Duilio Ferrucci, der Besitzer des Hotels Miramare. Einmal dachte ich mir: Das ist mein Ort. Eine zweite Heimat.

Dann wieder hier, in Deutschland. Ich radle zum Supermarkt, plaudere an der Sonne mit meinem Winzer Matthias am Ende der Straße, sitze auf dem Balkon, die Vöglein zwitschern, alles ruhig, das Leben ist leicht, und ich denke mir: Ist das nicht das Paradies? Die Ewigkeit? Bin ich vielleicht schon lange gestorben und hab es nicht gemerkt? Und jetzt lebe ich, ungestört und selig, in meinem Willoughby. 

Willoughby kommt in meinen Büchern immer mal wieder vor. Das war meine Utopie. Es war eine Episode von Rod Serling aus der legendären US-Serie Twilight Zone, etwa Ende der 1960-er Jahre. Habe ich nie vergessen. Ein Mann hat eine streitsüchtige Frau, Stress im Betrieb und einen unangenehmen Chef. Er fährt mit dem Zug in die Stadt, und wenn der Schaffner »Willoughby« ruft, steigt er aus. Dann geht er mit Jungs zum Fischen und fühlt sich wohl. − Dann wird er entlassen. Der Streit mit seiner Frau eskaliert, er setzt sich in den Zug und steigt wieder in Willoughby aus. Später sieht man ihn dann in einem Schneehaufen liegen, ein seliges Lächeln auf dem Gesicht, und der Wagen des Begräbnisinstituts kommt, sie laden ihn ein, die Heckklappe fällt zu, und auf ihr steht: »Willoughby & Son«. (Da läuft mir immer ein wohliger Schauder über den Rücken, wenn ich darüber schreibe.) Bei meiner Lektüre übers Jenseits stellte ich mir immer die Frage: Was ist da anders? Wie kann diese Welt zum Paradies werden? Sie könnte es sein, sie ist es ja auch, nur die Leute wissen es nicht. Sie stolpern dahin, stürzen, stehen wieder auf und ärgern sich. 

 

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