Indianermuseum

Ich bin gern spontan – oder, anders gesagt, ich habe einen Zwillings-Aszendenten und handle oft nach Eingebung. Wir (meine Mutter und ich) hatten bei strömendem Regen zur berühmten Bührli-Kunstsammlung in Zürich gehen wollen, stiegen aus der Tram aus, sahen ein Schild North American Indian Museum, und da ich ein heimlicher Indianer bin, sagte ich: Hey, lass uns dahin schauen. Meine Mutter ist gutmütig, und so landeten wir bei den Indianern.

Die Sammlung gehört, und das ist etwas kurios, zum Zürcher Schuldepartement, weil ein Lehrer sie in Nordamerika zusammengetragen und der Stadt verkauft hatte. Zu sehen ist sie, wenn man vom Bellevue mit der Tram 4 weiterfährt bis zur Endhaltestelle Tiefenbrunnen, und da sind die Schilder, und sie führen einen hin. Offiziell heißt es NONAM (Nordamerika Native Museum, Indianer und Inuit Kulturen; so schief und krumm steht das auf der Seite der Stadt), Adresse: Seefeldstrasse 317.   

Zeremonietier der Inuit

Im ersten Stock steht ein indianisches Tipi mit Bauformen in Vitrinen, dazu Kinderspiele und der Alltag der Indianer. Das Tipi hatte drei Stangen oder Masten für Ost, Süd und Nord (der Westen existiert nicht). Sie symbolisieren die Familie (Vater, Mutter, Kinder), sind oben mit einem Lederband verschlungen (der Zusammenhalt), und dann streben sie noch ein Stück nach oben, wie die Lebenslinien schließlich auseinanderstreben. Vieles bei den Indianern hatte symbolische Bedeutung, und als die Franzosen im 18. Jahrhundert in Nordamerika handelten und lebten, waren die Ureinwohner etwas leicht oberhalb des Tiers, mehr nicht.

Im zweiten Stock viele schöne Objekte: viele zeremonielle Pfeifen, mit Perlen bestickte Lederkleider für Feste und die Alltags-Lederkleider (man hatte nur eins, denn die Indianer verlegten oft ihren Lagerplatz). Ein ausgestopfter Bison sieht von oben auf einen herunter. In einem extra Raum sieht man Zeichnungen eines jungen Mannes, der auf einer Expedition des Prinzen Maximilian zu Wied 1832 künstlerisch tätig geworden war. In einem weiteren Raum eine Erinnerung an die Schulpflicht, die junge Indianer ihrer Kultur entfremdete. Sie gehörten nicht mehr zu den Ihren, wurden aber auch von den Weißen abgelehnt; die Folge waren Depressionen, Alkohol- und Drogensucht, Selbstmord.  

Ein Kind, das versehentlich seine heimatliche Sprache benutzte, musste sich den Mund mit Seife ausspülen lassen. Heute sind die Rechte der einheimischen Völker zum Glück anerkannt. Es gibt eine Deklaration der First Nations dazu, wie sich Indianer und andere nennen. Auf den Indianer haben die westlichen Völker später ihre Vorstellungen projiziert: der edle Wilde, der blutrünstige Wilde, der gewissenlose Wilde; die Wilden, so etwas wie Tiere. Sie sind überrollt und ihre Geschichte vernichtet worden, und man wird nie mehr ein klares Bild ihrer Zivilisation bekommen. Später dann der Film Der mit dem Wolf tanzt mit Kevin Costner, 1991 war das, und nun haben wir noch ein paar herumreisende indianische Schamanen − und ein paar Museen.  

 

Stage Coach! Gesehen 4 Tage nach dem Museum, bei Einsiedeln

 

Eine Ecke des zweiten Stocks gehört den Eskimos, den Inuit, was ich beinahe vergessen hätte. Was wir auf unserem Weg in diese glorreiche hochtechnisierte Zivilisation niedergemacht haben, vergessen wir leicht, und wir ahnen kaum, was wir verloren haben.

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