Mein Link zum Linkshändertag

Bei mir trafen Informationen zum heutigen internationalen Linkshändertag ein, der seit 1976 begangen wird, als der US-Psychologe Dean Campbell ihn einführte. (Damals war es ein Freitag, der 13.) Und gleich wenige Stunden später stieß ich bei der Lektüre eines Buches auf den folgenden Satz: »Nach Einschuss- und Austrittswinkel der Kugel zu urteilen, schien der Mörder Linkshänder zu sein.« Morden Linkshänder öfter als Rechtshänder?

Das wird man heute Abend im Museum Technorama in Winterthur wohl nicht erfahren, dafür gibt es ab 18 Uhr Referate über links und rechts im Gehirn, im Mikrokosmos und im Makrokosmos. Es moderiert der Züricher Neuropsychologe Peter Brugger, der die Veranstaltung angeregt hat und am Vortag über Händigkeit und Hirnigkeit sprach und unter dem Titel Links ist linkisch, rechts ist richtig die Frage emotionaler Asymmetrien behandelte. Die Neuropsychologie interessiert sich für die Präferenz einer Hand, weil dies die höheren Hirnfunktionen beeinflusst, also auch die Sprache und das räumliche Sehen.   

Links und rechts: Sonnenuntergang über Zürich

 Wir sind schon im Mutterleib links- oder rechtshändig, Händigkeit (oder Pfotigkeit) ist auch im Tierreich weit verbreitet, und der Anteil der Linkshänder ist in allen Kulturen gleich (etwa 10 bis 15 Prozent). Es gab schon bei den Höhlenbewohnern Linkshänder, und das weiß man vermutlich, weil man die Höhlengemälde genau analysiert hat. Beidhänder neigen besonders der Esoterik zu, fanden Wissenschaftler heraus. Bill Clinton und Barack Obama sind übrigens, wie Wikipedia schreibt, beide Linkshänder, was ja passt, da sie beide zu den Demokraten gehören, den US-Linken.   

Die Bevorzugung der rechten Hand sagt uns, dass die linke Gehirnhälfte im Verlauf der Evolution die Kontrolle übernahm. Sie verwaltet ja die ganze rechte Körperhälfte und ist für Logik, Vernunft, die Sprache und das Zeitempfinden verantwortlich. Darum sind wir so weit gekommen in unserer Zivilisation, aber die Defizite sind auch nicht zu übersehen. Die rechte Hemisphäre des Gehirns – die kreative, spielerische, räumlich denkende und künstlerische – kam zu kurz; und wie sehr, sagt uns das Verhältnis zwischen Links- und Rechtshändern: 15 zu 85.

Das war nicht immer so. »Am Anfang war die Symmetrie«, schrieb der Physiker Werner Heisenberg (1901-1976). »Eigentlich bin ich fasziniert von dem Gedanken, dass die Symmetrie etwas Fundamentaleres ist als das Teilchen.« Wenn man viele Fotos durchschaut, merkt man erst, wie symmetrisch die materielle Welt ist: Die meisten Objekte sind an einer Achse spiegelbar. Nur eins stört: das Herz. Es liegt links und ist singulär. Das sollte uns zu denken geben.   

Symmetrie und Symmetriebrechung

Doch dann kam es früh zu einer Symmetriebrechung, die den Zeitpfeil erklärt und die dunkle Materie. Das ist ja vielleicht umkehrbar. Wenn wir in 50 oder 100 Jahren feststellen würden, dass 30 Prozent der Bevölkerung linkshändig ist, dann bestünde Hoffnung für diesen Planeten und seine Bewohner darauf. Aber das ist jetzt schon wieder eine quantitative Betrachtung.  

Die linke Hand ist ja nicht die Gegnerin der rechten, und die rechte, die ›künstlerische‹ Hirnhemisphäre ist nicht besser als die linke; im Parlament sollten Linke und Rechte nicht Feinde sein, sondern sich bewusst machen, dass sie das Ganze des Volkes verkörpern. Die Gegensätze stehen nicht rein da; sie sind durcheinander vermittelt, und sie berühren sich obendrein: coincidentia oppositorum. Wir sind eins und sollten zusammenarbeiten, statt künstlich Teilungen und Trennungen hervorzurufen. Reicht einander doch die Hände! Links packt rechts, nur gemeinsam packen wir’s.  

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Das Mörder-Zitat steht am Beginn eines Buchs, das ich in zwei Tagen verschlang. Gegen Ende sagt ein FBI-Agent, in dem osteuropäischen Land, aus dem das Mordopfer stammt, habe die linke Hand nicht gewusst, »was die rechte tat«, und vorher erfahren wir, im Jahr 1991 habe man dort nicht mehr gewusst, was Linke und was Rechte seien. Doch gab die Rechte wohl den Auftrag, und eine linke Hand führte ihn aus. Im Buch sagt der später Getötete einmal, im Labyrinth gehe man immer links. Die Auflösung: morgen.    

 

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