Tödliches Texten

In Außer Kontrolle hatte ich noch die Passage über die Verkehrsopfer durchs SMS-Texten beim Autofahren eingefügt, und dann las ich gestern in der FAZ, dass der Filmregisseur Werner Herzog einen 35-Minuten-Film darüber gemacht hat, der From One Secnd to the Next heißt und im Intenet zu sehen ist. Er ist auf Englisch. 35 Minuten kann man opfern.

Der Film soll an den amerikanischen Schulen gezeigt werden, als Warnung vor texting and driving. Es ist ja ein furchtbarer Gedanke, dass Schreiben töten kann und dass alle meine Kolleginnen und Kollegen Schriftsteller und ich zum Ausgleich dafür nicht so viele Leben retten können (sollte das überhaupt möglich sein). Das mag vielleicht auch Werner Herzog gequält haben.  

Aber so darf man das nicht sagen. Nicht das Schreiben tötet, sondern das Automobil tut es, verursacht durch die Ablenkung des Fahrers, der im falschest möglichen Zeitpunkt am Handy schreibt und/oder liest. Die Unfälle durch das Texten sind ja nur eine Unterart der Autounfälle. Andere Menschen töten, indem sie berauscht fahren, zu schnell fahren, unkonzentriert fahren. Es sind diese eineinhalb Tonnen, die wir viel zu schnell über den Erdboden jagen, die den schwachen schutzlosen Mitmenschen zerquetschen. Eine Sekunde unaufmerksam, und das ganze Leben wird man von der Schuld verfolgt, die aber keine echte Schuld ist.  

Aus dem Film: Xavier ist nun acht und gelähmt von der Brust abwärts. Eine Frau textete etwas und fuhr ihn ungebremst mit dem Auto nieder, riss ihn von der Hand seiner Schwester. Schulbesuch, jeder Handgriff, alles ist unglaublich mühsam, und keine Hoffnung auf Besserung gibt es. Debbie steht da und schaut den Booten zu, sie kann den Hof nicht verlassen. Eine Fahrerin rammte die Frau, als sie ihren Hund ausführte. Früher war sie weltweit unterwegs, eine aktive Frau, und es breche ihr das Herz, sagt ihre Schwester, sie jetzt so zu sehen, täglich. Die Behandlung hat schon über eine Million Dollar gekostet. Die Fahrerein wurde zu 30 Tagen Gefängnis und 5 Monaten Hausarrest verurteilt.  

Chandell saß am Steuer seines Vans und textete I Love You an seine Frau, und eine Sekunde später rammte er von hinten das Pferdefuhrwerk mit einer Amish-Familie, und die Mutter und ihre beiden Kinder starben. Vater Martin schrieb dem Fahrer, der immer wieder aufwacht und alles für einen bösen Traum hält, später einen versöhnlichen Brief. Megan hat Reggie auch vergeben. Sie ist die Tochter eines Mannes, der durch Reggie sein Leben verlor, weil dieser etwas schrieb, ein Auto streifte, das auf die andere Straßenseite geriet und von einem Pickup gepfählt wurde. Zwei Männer starben so, und auch Megans Vater, der mit ihr immer den Sternenhimmel betrachtete.  

Ich glaube ja, dass die Toten irgendwo sind und weiterleben und dass das nicht bloß ein Wunschtraum ist. Das Leid der Hinterbliebenen wäre geringer, könnten sie auch daran glauben. Die Verstorbenen sind nur in einer anderen Dimension, und ich bin gespannt, denn heute Abend will ich mit meiner Schwester zu einem Abend mit dem schottischen Medium Gordon Smith nach Münchenstein bei Basel. Er kann Verstorbene sehen und gibt ihre Botschaften weiter. Übermorgen werde ich davon berichten.

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