Der Gott des Alten Testaments

Bei der Buchmesse gibt es eine Ecke, in der sich die Sekten tummeln. Da habe ich gern diskutiert, denn da trifft man leidenschaftliche, fast besessene Leute an. Manche schenken dir sogar ein Buch, wie die Leute der Missionars Kurt E. Koch, die natürlich an das Alte Testament glauben wie die Zeugen Jehovahs. Für sie kommt es direkt von Gott, denn das Neue Testament wurde ja von den Evangelisten geschrieben, und 50 bis 70 Jahre nach dem Leben Jesu.

Aber der Gott, der im Alten Testament auftritt, ist ziemlich grausam und unberechenbar. Der Therapeut Nathan Schwartz-Salant hat in seinem Buch Die Borderline-Persönlichkeit acht Kriterien genannt: Wenn fünf zutreffen, hat der Patient oder die Patientin das Borderline-Syndrom.  

Er führt aus: »Mit diesen Kriterien lässt sich auch der Schöpfergott Jahwe aus dem alten Testament beschreiben, auf den mit Sicherheit fünf der genannten Kriterien zutreffen! Er war impulsiv und unberechenbar in einer Weise, die selbstschädigend war. Seine Beziehung zu seinem Volk, Israel, war instabil und durch Idealisierung und Abwertung gekennzeichnet. Seine Wut war intensiv und oft unkontrolliert, und er konnte sich rücksichtslos verhalten bis hin zur völligen Missachtung seines auserwählten Volkes. Er zerstörte seine eigene Schöpfung durch eine Sintflut. Seine Identität war diffus, da er auf ständige Spiegelung angewiesen war. Seine Stimmungen äußerten sich oft launenhaft. Diagnostisch gesehen, ist Jahwe eine Borderline-Persönlichkeit.« 

Natürlich weist Schwartz-Salant darauf hin, dass Jahwe immerhin Gott sei und versucht eine Entschuldigung: »Vielleicht können Menschen eine Kreativität, die an Göttlichkeit heranreicht, nur ertragen, wenn sie zugleich unter Borderline-Störungen leiden.« Diese Verbindung bezeuge jedoch »den kreativen Genius des Alten Testaments«. Oder: seiner Autoren. Angst und Ehrfurcht vor dem Allerhöchsten waren in jener Zeit, als der Vater in den Sippen unangreifbare Autorität besaß, sehr wichtig. Doch dann heißt es im Koran auch: »Seine Barmherzigkeit geht Seiner Strenge voraus.« 

Die Gestalt Jahwes verrät vieles über das Wesen der Menschen jener Zeit. Sie fühlten sich heimatlos und hilflos, waren den Naturgewalten und Überfällen und allem Möglichen unterworfen. Wir meinen heute, alles im Griff zu haben, darum brauchen wir Gott auch anscheinend nicht mehr.  

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