Gesundheitserhaltungszentren

Man lässt sich gern einlullen von den ereignislosen Pressemeldungen. Die Wirtschaft läuft ja, was will man mehr. Den Leuten geht’s gut. Wirklich? Dann liest man ein Buch, und es gehen einem die Augen auf. Mein Buch heißt Weg mit den Pillen! von Harald Walach (2011). Darin stellt er ein Gesundheitssystem der Zukunft vor.

Dies, nachdem er das herrschende System schön auseinandergenommen hat. Nach dem vorletzten Kapitel, Das Geschäft mit der Krankheit, sieht man klar. Es ist wirklich ein aufwendiges System, das nur denen nützt, denen es Geld in die Kassen spült. Der Einfluss der Pharmariesen, der »Riesenüberwachungsapparat bei den Krankenkassen«, die vielen überflüssigen Operationen und Reha-Aufenthalte … 

Krankenhaus in Südungarn

All das könnte der Vergangenheit angehören, meint Walach, wenn die Bürger gesünder leben würden (weniger essen und sich mehr bewegen würden) und wenn man die Zeit honorieren würde, die jemand für einen Patienten aufwendet. Er könnte dann die Therapie verwenden, die er für richtig hält, und das müsste gar nicht kontrolliert werden. Der ganze Kontrollapparat wäre hinfällig. So einfach?

70 bis 80 Prozent der Patienten gehen wegen psychosomatischer Störungen zum Arzt. Sie haben vermutlich Probleme im Privatleben oder im Beruf, aber das kann in den 5 bis 7 Minuten, die der Arzt (die Ärztin) für ihn Zeit hat, nicht zur Sprache kommen. Harald Walach arbeitet übrigens an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder und bildet als Professor für Forschungsmethodik Ärzte in Komplementärmedizin aus. Sein Vorschlag: Gesundheitserhaltungszentren. (Bild: Professor Walach an seinem Arbeitsplatz.) 

Da könnten in den Gemeinden Menschen in Krisen begleitet werden. Es gäbe lange Gespräche und Lösungsvorschläge und auch medizinische Hilfe, wo nötig. Mit dem richtigen Lebensstil und behutsamer professioneller Begleitung, meint der Autor (der auch einen Blog hat), könnten wir »ohne große gesundheitliche Einbußen ein genetisch bestimmtes Alter erreichen und dann einfach an Altersschwäche sterben.« 

»Was im Moment geschieht, ist eine fatale Verschleuderung von … Ressourcen und Geld.« Niemand bekommt das Gesundheitssystem in den Griff: Weil es von Grund auf falsch ist. Es baut auf dem Grundsatz »Körper als Maschine« und »die schnelle Pille gegen das Symptom« auf (die ja auch nicht objektiv hilft; die Placebo-Effekte zeigen, dass menschliche Zuwendung die Selbstheilungskräfte aktiviert). Und keiner ist zufrieden. Der Zulauf zu alternativen Therapien zeigt das. Für Walachs Utopie sollte man sich einsetzen.

Ein Kommentar zu “Gesundheitserhaltungszentren”

  1. Renate Frank

    Lieber Manni,
    das Prinzip, für das sich Walach einsetzt, ist keine Utopie! Solche Ärzte gibt es im wirklichen Leben und sie setzen sich optimal für ihre Patienten ein. Innerhalb des Systems der deutschen gesetzlichen Krankenversicherungen ist das jedoch nicht vorgesehen und damit auch nicht möglich. Das kann sich keiner dieser großartigen Ärzte leisten.
    Liebe Grüße
    Renate