Rudirad hat Geburtstag!

Heute vor 20 Jahren in Heitersheim deutete ich auf ein gelbes Specialized »Crossroads« für 799 Mark und sagte zu Winnie, der damals als Angestellter Räder verkaufte: »Das ist es. Bitte einpacken.« Helmut war dabei und riet mir von den schwarzen ab: »Nimm doch ein gelbes.« Heute hat es 20. Geburtstag und hängt gemütlich an einem Haken in einem Zürcher Fahrradkeller.

Den 10. März hatte ich für den Kauf eines Rads reserviert, denn am 10. März 1990 hatte ich mir in Hamburg das erste Rennrad gekauft, ein Raleigh. 1994 hatte ich einen Halbtagsjob am Freiburger Psi-Institut bekommen und fuhr mit dem Specialized drei Mal in der Woche die 25 Kilometer nach Freiburg und zurück. Tat ein paar Wochen  etwas weh, aber dann gefiel’s mir, auch bei Schneetreiben und bei Eisesglätte, was in den 1990-er Jahren noch öfter vorkam als heute. Aber seltsam: Ich habe es nie fotografiert. Es gehörte einfach zu mir.  

Im Herbst 1999 kam das Rad mit nach Rom, stand immer unter der Treppe, und die Römer kannten mich nur mit Rad. Ein paar Male bin ich damit gestürzt, leider. Als ich dann die Freunde des Vereins Ruotalibera kennengelernt hatte, lernte mein Rad auch alle möglichen Zonen in Rom kennen. 

2002 mit Ruotalibera

Ich fuhr auf der Appia antica mit ihm entlang und nachts auf der höllisch belebten Via Tuscolana, über den Gianicolo ins Kino nach Trastevere, zu Onkel und Tante zum Monte Mario. Vor fast zehn Jahren, Anfang Oktober 2004, war dann die Wohnung leer (und verkauft), nur noch mein gelbes Rad und die roten Packtaschen warteten. In sechs Tagen fuhr ich hoch durch Italien bis Chiasso in die Schweiz. Im April und Mai hatte ich einen Roman um einen Fahrradfahrer geschrieben, der Rudi hieß, nach meinem Großvater, und daher trägt das Rad, das heute Geburtstag hat, den Namen Rudirad. Das Buch erschien unter dem Titel Mörderisches Rom im Juni 2007.

Einen zweiten Roman mit ihm als wichtigem Nebendarsteller habe ich nun noch einmal korrigiert; er wird Ende August erscheinen. Wie bei einem Menschen sind 20 Jahre für ein gutes Rad kein Alter. Sogar 100 Jahre sind kein Alter, wie man aus meinen Treffen mit den Freunden alter Fahrräder ersehen mag. Vielleicht wird Rudirad ja eines Tages in unserem Museum in Rehetobel, das am 14. Juni neu eröffnet werden soll, einen ehrenvollen Platz finden, aber damit hat es noch Zeit, bis sein Herr die irdische Etappenrundfahrt beendet haben wird.

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.