Gejammer

Ich saß öfter in Santa Marinella im Internetcafé, und es lief andauernd der Fernseher. Am Vormittag war es Unomattina, am Nachmittag was anderes, aber immer unerträgliche Sendungen über Schicksale, Kochrezepte und Promis. Die Italiener sind ja wie alle: Die meisten reden übers Geld und übers Essen, jammern über die Krise und die Regierung. Manchmal kann ich’s nicht mehr hören.

Da leben sie direkt vor dem Meer, traumhaft, und doch geht es in einer Leier fort, und es sind meist Männer, die das Gejammer anstimmen. Wer etwas leistet, wird bestraft, die hohen Steuern, ob Renzi wirklich was schaffen kann … Die Moderatorinnen sind jung, blond und langbeinig und mit diesem zynischen Zug um die Mundwinkel; es sind Frauen, die für eine gute Quote ihren Großvater verkaufen würden. Dann gibt es andere dekorative Frauen, die früher Showgirls waren und seit 20 Jahren den Bildschirm zieren, Frauen wie Mara Venier und Milly Carlucci, die aussehen wie 45, sich aber schon dem Pensionsalter nähern.

In diesen Sendungen, die sich ans große Publikum richten, ist der Hintergrund klar: Frauen sind für Kinder, Küche, Kirche zuständig, Männer fahren Autos und sollen Erfolg haben, die Prominenten sind der Adel von früher; irgendwie hat man es nie geschafft, sich zu emanzipieren, die Leute wären selber gern adelig oder reich oder berühmt, und so besucht man junge Fußballspieler zu Hause, und Showmaster erzählen, wie es zuletzt bei dem berühmten Sänger war. Es wird gelabert ohne Ende und mit Nachdruck, Musik und Orchester, Werbeeinblendungen, und so lassen sich die Leute stundenlang beschallen, und natürlich sind es eher Ältere und ungebildete, die das erste Programm odder das fünfte sehen am hellichten Tag.

Ja, es ging mir manchmal auf den Geist, wie stolz junge Leute auf ihre Bequemlichkeit sind, wie sie mit Fußball, gutem Essen, eine Tag am Meer und ein paar Krisen zufrieden sind: Das sind die Gesprächsthemen. Und dann werden sie auch kleinlich wie der Besitzer des Internetcafés, der ein Schild anbringen hieß, auf dem es hieß, man müsse für 2 Euro konsumieren und dürfe nicht länger als 3 Stunden surfen.

Alles ist so stinkbürgerlich und anti-intellektuell und zombiehaft wie überall, nur sind Italiener freundlicher und toleranter als andere, sie leben in der Gegenwart und schaffen es dann doch, Lebensfreude zu vermitteln, und das Gejammer und Gequatsche ist wohl so etws wie ihr Lebenselixier

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