Finanzkraft durch Ananassaft

Die Poliklinik Sant’Orsola in Bologna verwendet seit zwei Jahren Ananassaft als Kontrastmittel bei Magnetresonanzaufnahmen. Ein Patienten trinkt zwei Glas, und die Aufnahme wird perfekt. Vorher hatte man ein Pharmaprodukt verwendet, das in zwei Jahren 14.000 Euro kostete. Der Ananassaft kam auf 380 Euro.

Mit solch nicht einmal ausgefallenen Einfällen kann das Krankenhauswesen Ersparnisse erzielen. Die Meldung stand vor ein paar Wochen in der Zeitung La Repubblica. Die Verwaltungsdirektorin und der Verantwortliche für das Personal hatten zu einer Pressekonferenz gebeten, und auch die Leiterin der Radiologie-Abteilung durfte das ihre dazu sagen. Da sind sie alle stolz und froh. Ganz typisch, dass es um eine konkrete Maßnahme ging. Ananassaft. So ist das heute in der Klinik: Es geht vor allen Dingen um Dinge.

Wie wäre es mit einer Aktion mehr Freundlichkeit? Die Ersparnis dadurch könnte man nicht beziffern, so hoch läge sie. Nett behandelte Patienten heilen schneller. Ich hatte ja diesen Fahrradunfall, und nun wurde geröntgt, was das Zeug hielt, und dann schickte man mich an einem August-Tag mit Dauerregen nach Freiburg zu einer Computertomografie. Menschen im Wartezimmer, ich wurde aufgerufen, in ein Zimmer geschickt, kühl behandelt und schnell fotografiert, wieder weggeschickt, und eine andere blonde Ärztin zeigte mir rasch die Bilder: »Das haben Sie, hier, schauen Sie; sollen die in Krozingen überlegen, ob … Wiedersehen.« Nicht mal ein Gute Besserung. Man meint, man habe etwas angestellt. Ist ein Unfall oder Krankheit die Folge von Sünde, wie es früher im Mittelalter hieß? Haben wir gesündigt? Oder müssen wir büßen, weil die Aufnahmen so teuer ist und jemand das für uns zahlt?

Der Arzt in Krozingen meinte, eine Operation sei nicht nötig. Als er meine Erleichterung sah, musste er mir sogleich in die Parade fahren: »Aber das wird lange dauern, viiieele Monate!« Sie beißen sich lieber die Zunge ab, als dir was Nettes zu sagen. Klar, das sind Mitarbeiter in einer Unfallklinik, da geht’s um Handfestes.

Mit meiner Mutter bei der Neurologin gewesen. Eine Menge Patienten, alle in sich gekehrt. Jeder denkt an die eigenen Probleme; hoffentlich komme ich bald dran. Ich unterhielt mich mit meiner Mutter im Flur. Das fanden die Assistentinnen nicht gut. Husch, zurück ins Wartezimmer. Nicht plaudern, nicht laut reden, nicht mit dem Fahrer sprechen. Es ist still. Die Leute sitzen wie angewurzelt.

So eine richtige Freundlichkeit, das vermisst man. Wahrscheinlich könnte man es nicht fassen, wenn eine Assistentin einen anstrahlen und sagen würde: Das wird bald viel besser. Alle sind sie Technokraten. Sie haben gelernt, zu verwalten. Das war in Deutschland immer so. Alles funktioniert in Deutschland, sagen meine italienischen Freunde. Finden sie toll. Aber dann diese Kälte, mit der man manchmal behandelt wird …

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