Nick Cave

Kurt Tykwer zitierte ein paar begeisternde Sätze aus der Süddeutschen Zeitung über den neuen Film Nick Cave / 20.000 Days on Earth, den er auch nicht kannte und den wir dann im Landsberger Stadttheater im Rahmen des Film-Forums, von Tykwer gestaltet, sahen. Nick Cave ist wie ich 1957 geboren, also bin ich auch schon 20.000 Tage auf Erden. Das habe ich erfahren, aber keine Begeisterung.

Nick Cave ist mit seiner Band The Bad Seeds bekannt geworden und hat sich die Düsternis zum Markenzeichen erwählt. Er schreibt schöne Songs. Die drei oder vier, die im Film gespielt wurden, waren hinreißend. Der Rest, na ja … ein Film über den Tag eines Promis, der glücklich verheiratet mit zwei Kindern in Brighton am Meer in einer Villa lebt. Nach Dusche und Frühstück zieht er sein Nadelstreifensakko an und fährt mit dem teuren Jaguar zu einem Musikerkollegen, der am Meer lebt.

Dann proben sie woanders ein paar Songs, er erzählt einem Psychiater belanglose Dinge aus seiner Kindheit, unterhält sich im Wagen mit Leuten aus seiner Vergangenheit, und am Ende des Tags gibt er in Brighton, also in der Nähe seines Heims, ein umjubeltes Konzert. Hinterher schaut er mit seinen Kindern noch einen Film an. Was Nick Cave so an Weisheiten von sich gibt, ist nicht der Rede wert.

»Hier ist der Ort«, sagt er am Schluss. Hier spiele sich alles ab. Da gibt’s keine Transzendenz, sondern nur das selbstverständliche Hiersein des Rockstars, der wirkungsvoll in Dunkelheit umherwandelt, aber man versteht nicht, was diese Dunkelheit für ihn bedeutet. Es ist halt nur sein Markenzeichen, seine Masche. Er ist ein Dummy, und der Film ist Propaganda.

Irgendwie wirkt Nick Cave wie eine Hülle, hinter der eine Leere gähnt. Ich weiß nicht, vielleicht haben wir uns geirrt. Wir hätten die Rockmusik früher durchschauen müssen. Dieses dumme westliche, männliche Rockstar-Gebaren, diese Rituale der Konzerte … Da brutzelt alles in seinem eigenen Saft, bezieht sich auf sich selbst, hat den Kontakt zur Realität verloren. Auch von Caves Beziehungen zu den Weltläufen erfahren wir nichts. Alles oberflächlich. Es geht ihm gut. Er arbeitet immer an einem neuen Song.

Süß ist Kylie Minogue, die er ein paar Kilometer durch die Gegend fährt. Sie hat unglaublichen Charme. Michael Hutchence wird erwähnt, der INXS-Sänger, auf unglückliche Weise ums Leben gekommen: alles Australier wie Nick Cave, die im Vereinten Königreich ihren Ruhm auskosten. Von Peter Garrett, Sänger von Midnight Oil, hörten wir nichts.

Solche Filme werden dann peinlich, wenn die Hauptperson sich zu ernst nimmt. Und Nick Cave nimmt sich leider verdammt ernst. Er wirkt, als wolle er immer besonders gut wirken, als sähe er sich selber zu. Ein wenig Selbstironie und mehr Humor hätten dem Film gutgetan. Aber das hat der dröge Nick Cave eben nicht drauf.

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